The way I used to be Wie ich mal war von Amber Smith übersetzt von Ulrike Brauns
ADRIAN VERLAG Hardcover-Sonderedition mit Farbschnitt Jugendbuch / Young Adult 400 Seiten Altersempfehlung: ab 14 Jahren ISBN: 978-3-985851-42-3 Ersterscheinung: 25.08.2023
Inhalt: Edens Familie schläft tief und fest. Deshalb bemerkt auch niemand, dass Kevin mitten in der Nacht ihr Zimmer betritt. Kevin, der beste Freund ihres Bruders. Der Kevin, der eigentlich fast schon zur Familie gehört. Der Kevin, für den sie eigentlich geschwärmt hat. Eden versucht, sich noch zu wehren, aber sie kommt nicht gegen Kevin an. Er vergewaltigt sie und droht ihr, sie umzubringen, sollte sie es jemandem erzählen. Aber wer sollte ihr auch glauben? Also schweigt Eden. Für alle anderen geht das Leben am nächsten Tag ganz normal weiter – für Eden endet ihr bisheriges Leben in dieser Nacht.
Meinung: Mir fällt es gerade echt schwer, all meine Gefühle in Worte zu fassen, denn dieses Buch hat mich emotional komplett aufgewühlt. Natürlich habe ich den Klappentext gelesen und natürlich wusste ich auch, was auf mich zukommt. Aber dann kam es bereits auf den ersten Seiten so richtig direkt und heftig, dass ich nach dem ersten Kapitel das Buch zugeschlagen habe, um mich zu fragen, ob ich dieses Buch wirklich lesen möchte. Kleiner Spoiler: Ihr lest gerade die Rezension, also habe ich das Buch beendet. Und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie froh ich darüber bin. Ich war so gefangen von dieser Geschichte, dass ich die ganzen 400 Seiten sogar an einem Abend gelesen habe. Von mir an dieser Stelle der dringende Hinweis: Falls ihr das Buch lesen wollt, beachtet bitte die Triggerwarnung! Wirklich! In dieser Hinsicht bin ich normalerweise nicht gar so zart besaitet, aber dieses Mal konnte ich mir diese fiktive Geschichte bildlich vorstellen, so sehr, dass es mir im Herzen wehgetan hat. Ich selbst bin derzeit 14 Jahre alt, kurz vor dem 15. Geburtstag – genau wie Eden, als sie den schwärzesten Tag ihres Lebens erlebt. Ich habe erst gar nicht versucht, mit den Tränen zu kämpfen, weil ich wusste, dass es nichts bringt, dass ich sie nicht aufhalten kann. Ich habe diesen Monat tatsächlich meinen fünften Bloggergeburtstag und die letzten Jahre schon über 1.000 Bücher gelesen und rezensiert, aber dieser Roman ist wirklich einzigartig und nicht vergleichbar. Ich selbst mag ja eher die lustigen Liebesgeschichten oder aber romantische Wohlfühlbücher, aber dieses Buch sah so wunderschön aus und ganz BookTok schwärmte von diesem Werk – da musste ich es einfach auch lesen. Tatsächlich ergibt nun im Nachhinein auch alles einen Sinn, denn der Löwenzahn vorne auf dem Cover und der verwehte Blumenstängel einer Pusteblume hinten – der Anfang und das Ende, die Verbildlichung der Vergänglichkeit. Die Geschichte beginnt mit einem Mädchen, das sich selbst eher als durchschnittlich und langweilig bezeichnet und das in ihrem eigenen Haus, im eigenen Zimmer und im eigenen Bett vom besten Freund ihres Bruders vergewaltigt wird. Das hätte eigentlich der sicherste Ort für Eden sein sollen, aber innerhalb von fünf Minuten verändert sich alles. So sehr sie auch versucht, sich ihren Eltern, ihrem Bruder, ihrer besten Freundin zu öffnen, sie schafft es einfach nicht. Sie schweigt und ihr Leben ist nicht mehr lebenswert. Ihre Veränderung nehmen alle wahr, jedoch nicht den Grund. Der Roman ist keine leichte Kost und an manchen Stellen tut es richtig weh, zu lesen, was Eden durchmachen muss. Aber zu wissen, dass es so viele junge Mädchen da draußen gibt, die vielleicht Ähnliches erlebt haben oder gerade erleben müssen, macht mich traurig. Wenn wir es schaffen, offener über bestimmte Themen zu reden, nehmen wir Menschen wie Kevin die Macht, die sie von Mal zu Mal stärker werden lässt.
Fazit: „The way I used to be“ von Amber Smith hat mich tief berührt. Edens Geschichte ist wahnsinnig bedrückend, aber leider auch realistisch. Sehr intensiv und unglaublich ergreifend transportieren die Worte der Autorin Bilder und Emotionen, die man nicht so schnell vergisst. Dieses Buch über ein Mädchen, deren Leben sich innerhalb von fünf Minuten ändert, hat mich nicht nur aufgewühlt, sondern auch zum Nachdenken angeregt. Ich habe viel gelernt – beispielsweise wie wichtig es ist, seine Mitmenschen zu beobachten und unerklärliche Wesensveränderungen zu hinterfragen. Wenn man das Gefühl hat, jemand benötigt Hilfe, sollte man dieser Person vermitteln, dass man zuhört und da ist. Jederzeit. Egal wann. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung und natürlich 5 von 5 Sternchen.
Lieblingszitat: „Bei all diesen Vielleichts, die mir durch den Kopf gehen, frage ich mich plötzlich: ist »vielleicht« nicht auch nur ein anderes Wort für Hoffnung?“ (S. 380)
Ich beschäftige mich tatsächlich schon etwas länger mit diversen Kommunikationstechniken und bin fasziniert davon, wie man allein durch Menschenkenntnis, Empathie und einer schnellen Beobachtungsgabe sein Gegenüber lesen und beeinflussen kann. Um das „Lesen und Schreiben“ der Menschen geht es mir dabei weniger, sondern tatsächlich um die Geheimnisse der zwischenmenschlichen Kommunikation. Natürlich habe ich zu diesem Thema auch viel recherchiert und dabei die Bücher von Timon Krause entdeckt. Er ist Gedankenleser, Philosoph und Trainer für Menschenkenntnis. Außerdem gewann er mit nur 16 Jahren den Titel „Best European Mentalist“. Im Rahmen seiner Show „Mind Games“ war Timon Krause Ende September auch in Stuttgart und deshalb habe ich direkt die Gelegenheit genutzt, ihm ein paar Fragen zu stellen.
Leo: Okay, ich finde es gerade sehr spannend, aber auch creepy, dir gegenüber zu sitzen. Ich habe deine Bücher gelesen und auch online einige Videos gesehen und ich weiß, dass du aus der Mimik und Gestik sehr viel schon auf den ersten Blick deuten kannst. Kannst du jetzt gerade im Moment irgendetwas über mich sagen? Also im Prinzip, dass du spontan versuchst, mich zu „lesen“.
Timon Krause: Eigentlich gar nicht. Wenn ich es darauf anlegen würde ggf. schon, aber es ist so, dass ich das auf der Bühne anschalte und im Alltag nicht ausschalten muss. Das heißt, dass das etwas ist, das ich bewusst machen muss. Natürlich geht ein bisschen was in den Habitus über, aber es ist nicht so, dass ich die ganze Zeit Menschen analysiere. Ich glaube, das wäre auch sehr anstrengend. Aber wenn ich es darauf anlegen würde, ich weiß ja jetzt ein paar Sachen über dich. Ich würde schätzen, dass du – ähnlich wie ich – dich in der Schule manchmal selbst abgegrenzt hast oder abgegrenzt wurdest, weil du sehr stark deinen eigenen Weg gehst. Aber auch, weil du ein bestimmtes Opfer dafür bringst, dass du sagst, dass du bereits jetzt weißt, was du machen möchtest und du da auch ganz viel daran setzt. Das war zumindest meine Erfahrung in der Schule und ich kann mir vorstellen, dass es dir ähnlich damit geht, dass du sagst, dass du jetzt schon weißt, was du machst. Nicht dass man jetzt gemobbt wird oder so – weiß ich jetzt nicht, ob das so ist, mir ging es eine Zeit lang so und dann nicht mehr. Aber eine gewisse Abgrenzung war da, weil ich einfach ganz bestimmte Vorstellungen von dem hatte, was ich gerne machen wollte und ich würde das jetzt mal auf dich projizieren – aber es könnte auch falsch sein. Ich glaube, dass du nach außen hin für die Interviews gelernt hast, eine gewisse Unsicherheit zu verbergen, die aber da ist und sich manchmal ganz kurz in deinen Augen widerspiegelt, die drückst du dann aber wieder nach unten, weil du in einen Modus für die Interviews reinkommst. In dem Moment, wo wir uns kennengelernt haben und hier hergelaufen sind, warst du eindeutig etwas unsicherer – vielleicht auch weil es kein Kontext ist, in dem du schon einmal gewesen bist. Du warst sofort deutlich sicherer in dem Moment, in dem du die Interviewkarten in die Hand genommen hast und angefangen hast, zu interviewen, weil du das kennst und weißt, wie der Prozess abläuft. Du bist neugierig und hörst extrem gut zu und schaust genau hin. Das ist interessant, weil viele Interviewer und Interviewerinnen bzw. Journalisten und Journalistinnen zuhören, aber nicht hinschauen, du bist aber mit dem Augenkontakt da und ich glaube, das wird dir in deiner Interviewlaufbahn wahrscheinlich einiges bringen, weil du es dann einfacher haben wirst, mit Menschen Rapport zu bauen, das heißt, mit ihnen auf eine Wellenlänge zu kommen. Das wär so aus dem Stegreif.
Leo: Das ist aber relativ viel aus dem Stegreif, das ist tatsächlich sehr beeindruckend.
Timon Krause: Ich weiß nicht, ob es stimmt oder nicht. Vielleicht sagst du auch: „Timon, das war ganz weit weg vom Schuss!“ und du denkst dir: „Alter, was ist das denn für ein Typ, was labert der?“. Das kann auch sein. Wäre für mich aber auch in Ordnung, das würde mir auch keinen Zacken aus der Krone brechen.
Leo: Ich sag dir nachher am Ende des Interviews, ob du richtig liegst. Das war einfach ein kleines Experiment, das mich interessiert hat. Okay, dann machen wir weiter mit den anderen Fragen. Seit du den 1. Platz der Show „Fool us“ gewonnen hast und alle mit deinen Fähigkeiten beeindruckt hast, bist du für viele junge Menschen, die sich mit Psychologie auseinandersetzen, ein Vorbild geworden. In einem Interview hast du mal erzählt, dass du mit 12 Jahren nach einer Hypnose-Show erkannt hast, dass du Mentalist werden willst. Aber dass du zu jung warst und dich das niemand lehren wollte. Wenn du nun so ein paar Jahre zurückdenkst, hättest du jemals gedacht, dass du es eines Tages soweit schaffst? Hattest du immer dieses Urvertrauen in dich selbst, dass du alles erreichen kannst, was du dir vornimmst?
Timon Krause: Das nicht, ich habe einen Urrealismus gehabt, sodass ich gesagt habe, wenn ich erreichen möchte, was ich erreichen möchte, dann muss ich alles dafür geben. Der Realismus ist aber, dass ich gesagt habe, das kann auch nicht klappen. Ich habe extrem viel Glück gehabt und ich bin extrem häufig zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen und auch mit den richtigen Menschen. Und auch jetzt sind die Menschen, die du da gesehen hast… wir haben beide sehr gelacht, mein Techniker und ich, denn als du reinkamst und der Herr gesagt hat: „Hey, Timon, dein Interview ist da“, kam Niklas direkt angelaufen und hat mir das Headset abgenommen, als wäre er mein Assistent, der auf einmal so erscheint „Boom, ja, alles klar, Chef!“ – es ist nicht so! Das war kompletter Zufall. Aber das Team zieht, ich würde mal sagen, 80% der Show. Ich stehe vorne, ich performe das dann und ich schreibe und entwickle natürlich die Show, das ist natürlich ein großer Teil. Aber das Team, das da ist, und natürlich auch dahinter, also z.B. die Agentur und das Management, das mir dabei hilft, das wirklich alles auf die Beine zu stellen, die sind so wertvoll! Und ohne die hätte ich nicht die Hälfte und auch nicht ein Viertel und auch nicht ein Achtel von dem geschafft, was ich jetzt schaffen durfte bzw. was wir schaffen durften. Aber ich habe immer gesagt, ich würde lieber alles geben und es nicht schaffen. Oder was heißt nicht schaffen, das ist auch falsch formuliert. Früher hatte ich konkrete Zielsetzungen, wo ich gesagt habe, ich möchte dieses und dieses Ziel erreichen, ich möchte mal „Fool us“ machen, ich möchte mal in Las Vegas spielen, ich möchte mal einen Titel gewinnen – das habe ich alles gemacht. Und jetzt ist es vager geworden, ich möchte mich ausdrücken, ich möchte Kunst machen, ich habe bestimmte Showvisionen, die ich umsetzten möchte, die ich die letzten Jahre nicht umsetzten konnte, weil die Locations zu klein waren, das Budget nicht da war und das kommt jetzt langsam, dass das geht und das ist mega nice. Aber ich glaube, ich wäre vermutlich genauso zufrieden, wenn es weniger weit gekommen wäre und ich trotzdem alles gegeben hätte. Dann wüsste ich zumindest bei mir selbst, dass ich alles gegeben habe und mehr halt nicht geht. Manchmal ist es Glück, manchmal ist es Pech und ich habe viel Glück gehabt.
Leo: Du warst mit 16 Jahren ein Jahr als Austauschschüler in Neuseeland. Dort hast du dann die Technik des Cold Readings von Richard Webster erlernt. Ihn selbst nennst du ja auch deinen Mentor. Ist es in deinem Job so, dass man seine Kenntnisse gerne mit anderen teilt und sein Fachwissen sozusagen weitergibt? Oder halten sich die meisten Künstler eher bedeckt und du hattest, wie du eben gesagt hast, einfach nur Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, als du Richard Webster kennengelernt hast?
Timon Krause: Beides so ein bisschen, früher war das ganz krass, dass es so Mentoren und Schüler*innen gab – wobei meistens Mentor und Schüler übrigens, es ist eine sehr stark männlich dominierte Sparte, Freunde von mir versuchen oft, die weiblich gelesene Person noch mit einzubringen, ich auch, aber es ist aktuell einfach stark männlich dominiert. Aber es war früher einfach oft so, dass es dieses klassische „Ich gebe dir etwas weiter“ von einer Person zur nächsten gab, heute weniger. Einfach wegen der Verfügbarkeit von Ressourcen und der Verfügbarkeit von Material online: YouTube, Bücher und so. Da mache ich ja auch selber mit, dass ich da Sachen und vor allem so die Basics weitergebe. Also es gibt eine Szene, die teilt Sachen miteinander, und es gibt Menschen, die halten sich sehr zurück. Aber ich teile gern.
Leo: Ich bin ja quasi nur zufällig Buchbloggerin geworden, was sich irgendwie während Corona intensiviert hat. Davor war ich eigentlich Kinderreporterin, also Nachwuchsjournalistin. Ich wollte schon immer schreiben und als Journalistin kommt man gut um die Welt und lernt viele Menschen kennen. Ich rede zwar sehr viel, aber ich höre tatsächlich auch gerne zu. Und deshalb höre ich mir gerne spannende Geschichten von ganz unterschiedlichen Personen an. So lernt man nicht nur was über andere, sondern auch tatsächlich viel über sich selbst. Wie ist das bei dir? Du triffst ja nicht nur bei deinen Shows auf Menschen, sondern auch im ganz normalen Alltag. Als Mentalist musst du aber immer fokussieren und beobachten, was wahrscheinlich sehr anstrengend und kräftezehrend ist. Inwiefern nutzt du deine Gabe dann im Alltag? Analysierst du im Supermarkt andere Leute oder versuchst du, im Privatleben „abzuschalten“?
Timon Krause: Ne, umgekehrt, ich schalte das auf der Bühne an. Im Alltag bin ich vermutlich weniger aufmerksam als du gegebenenfalls, das weiß ich nicht. Es ist sehr kräftezehrend. Wenn ich das spezifisch für die Bühne übe, geht natürlich ein bisschen was in den Habitus über. Ich vergleiche das immer mit einem Tänzer, der tanzt nicht immer, aber der läuft immer gerade und man sieht ihm vielleicht eine gewisse Grazie in seinen Bewegungen an, weil man sich damit natürlich intensiv beschäftigt. Du vergisst das ja nicht, das ist ja immer irgendwie da, ein bisschen was wird also in meinen Habitus übergehen. Ich habe es dann gefühlt auch manchmal leichter, mit Menschen Rapport aufzubauen, das ist dann schön, aber ich mache das nicht bewusst. Viele der Techniken, die ich auf der Bühne benutze, sind manipulativ, und da benutze ich sie eben nur zur Veranschaulichung und zum Entertainment. Das würde ich aber im Alltag niemals machen und ich möchte mich im Alltag entspannen können. Ich bin eigentlich sehr introvertiert und möchte dann eben einfach mit Menschen chillen können und nicht solche Sachen machen müssen. Wenn ich irgendwo auf einer Party eingeladen bin und Leute kennenlerne, die wissen, was ich mache, und die hätten gerne, dass ich was mache, dann mache ich das meistens nicht. Das verstehen die dann auch, weil ich halt sage, dass das mein Job ist und ich aber privat hier bin und chillen möchte.
Leo: So ähnlich hat mir das Carolin Kebekus mal erzählt. Sie meinte, dass sie privat in ihrem Alltag nicht lustig sein muss, weil sie es auf der Bühne ist.
Timon Krause: Ja, genau. Ich glaube, das ist genau das gleiche. Und ich merke auch, desto mehr ich auf der Bühne bin, desto weniger habe ich zum Beispiel privat das Bedürfnis, rauszugehen oder unter Menschenmassen zu sein, weil ich so ein bisschen die Balance brauche. Ich muss manchmal einfach auch nur für mich sein oder mit einer Person oder mit zwei Menschen sein, aber dann eher wenig und ruhig.
Leo: Du hast ein neues Buch geschrieben. „Das Versunkene Theater: Magical Realismus Roman – träum Dich in die fantastische Welt des Theaters“ ist etwas ganz anderes als deine bisherigen Bücher. Wie kam es zu dieser Geschichte?
Timon Krause: Das war so ein bisschen mein Selbsttherapie-Projekt. Ich war während Corona tatsächlich schwer depressiv und habe ganz, ganz lange auch einfach nur im Bett gelegen. Und dann habe ich gedacht, weil es auch schwer war, einen Therapieplatz zu kriegen, „Okay, was weiß ich über den menschlichen Geist und was wären die Tipps, die ich meinen Freunden geben würde, wenn sie in so einer Situation wären?“. Und dann habe ich mir quasi ein Trajekt geschrieben bzw. zusammengebaut. Also ein Programm, bei dem ich sage, dass ich diese Sachen jeden Tag konsistent mache, weil ich weiß, dass sie auf dem Papier helfen. Im Best Case geht es mir nach ein paar Monaten besser, im Worst Case geht es mir immer noch schlecht, aber dann habe ich nichts verloren. Ob ich jetzt im Bett liege oder das mache, ist egal. Ein Teil davon ist eben kreativ sein, kleine Ziele setzen und gewisse Strukturen in den Tag einbauen. Dafür habe ich das Buch gewählt und ich habe mir gesagt, dass ich mich jeden Tag von elf bis eins an einen Roman setze. Entweder bis der Roman fertig ist oder bis die Shows wieder losgehen und ich da wieder irgendwo Erfüllung finde. Auf die Geschichte kam ich im Gespräch mit meinen Lieben, ich habe verschiedene Ideen vorgeschlagen und dann ein bisschen weiter gebrainstormt. Im Grunde ist der Gedanke dahinter, dass ich wollte, dass wenn ich keine Shows geben kann, dass ich das Gefühl, das ich dem Publikum in einer Show mitgebe, in einem Buch mitgebe. Ich habe das Buch auch so ähnlich geschrieben wie ich eine Show anfange. Wenn ich eine Show schreibe, dann fange ich ganz hinten an, weil ich weiß, dass ich hierhin mit einer Show hin will und das das Finale sein soll, so soll sie enden. Ich arbeite mich dann quasi von vorne nach hinten durch und gucke, wie und wo ich die Puzzleteile der Show verpacke, sodass am Ende alles Sinn ergibt und dass die Leute dann denken: „Ah, krass, Alter, das war ja alles von Anfang an irgendwie durchgeplant – crazy!“ Und das habe ich im Buch auch so gemacht, dass ich gesagt habe, wo ich im Buch rauskommen will, wie das Gesamtkunstwerk am Ende funktionieren soll. Ganz viel Inspiration kommt aber aus dem Theater, das Buch hat nichts mit meiner Show zu tun. Es ist nicht so, dass du eine Timon Krause-Show liest. Aber das Gefühl soll das gleiche sein. Wenn du dann die Show gesehen und das Buch gelesen hast, kannst du mir gern sagen, ob es das erreicht hat oder nicht, aber ich glaube, du verstehst, was ich meine. Es soll eben diesen Zauber vom Theater einfangen und ganz viele der Figuren, die in dem Buch sind, sind Menschen, die ich getroffen habe und die es auch wirklich gibt. Auch Acts, die es wirklich gibt, die ich da beschrieben habe oder angeschnitten werden, von Leuten, weil ich das da reinpacken wollte. Es ist keine Biografie, aber es ist ganz stark aus meiner Erfahrung im Theater produziert und dann in einen Fiction-Fantastic-Roman verarbeitet.
Leo: Das klingt sehr cool, da freue ich mich auf jeden Fall schon sehr aufs Lesen.
Timon Krause: Ja, da freue ich mich auch, wenn du dir die Zeit nimmst.
Leo: Du hast zwischen deinem ersten Buch und deinem zweiten Buch eine Sache geändert. Während du den Leser zuerst siezt, wechselst du im zweiten Buch zum Du. Warum?
Timon Krause: Das war auf Wunsch des Verlags. Die wollten gerne, dass im ersten Buch gesiezt wird. Ich wollte auch da schon, dass geduzt wird. Das Buch heißt ja auch „Du bist Mentalist!“, es ist also eigentlich ein bisschen dumm, dass da gesiezt wird. Darum habe ich auch ganz am Ende den Bogen zum Du gemacht. Ich glaube, im Nachwort sage ich irgendwo „Ja, Sie sind jetzt mit dem Buch durch und weil wir uns jetzt so gut kennen, würde ich dir an dieser Stelle gerne das Du anbieten. Herzlichen Glückwunsch, du bist Mentalist.“ So endet es ungefähr. Ich wollte das Duzen, sie haben gesagt, dass bei ihnen im Verlag einfach Etikette ist, dass in ihren Büchern die Leser gesiezt werden. Beim zweiten Buch hatte ich einfach schon ein bisschen mehr ein öffentliches Profil in Deutschland aufgebaut. Da war ich ja erstmalig aus den Niederlanden nach Deutschland rübergekommen. Und dann habe ich gesagt, dass mein Publikum vor allem irgendwie Studentenpublikum ist und die Leser alle ein bisschen jünger sind, ich würde gerne duzen. Und dann haben die gesagt, dass das jetzt auch alles Sinn ergibt und wir auf jeden Fall duzen.
Leo: Du bist fast erlöst, aber mich interessiert noch eine Sache. Ich habe dich ja am Anfang gefragt, ob du irgendetwas über mich erzählen, mich kurz „lesen“, kannst. Und innerhalb eines Gesprächs kann man ja auch viel über sein Gegenüber herausfinden. Erinnerst du dich noch halbwegs, was du vorher gesagt hast?
Timon Krause: Ja, ich erinnere mich noch, was ich vorhin gesagt habe.
Leo: Okay, gibt es jetzt noch irgendetwas, das du dem hinzufügen oder anders sagen würdest?
Timon Krause: *überlegt kurz* Ich könnte mir vorstellen, dass du Klassensprecherin bist. Ich habe dich ja auch nicht durch analysiert, während ich hier sitze. Du hast eine gewisse Ruhe, die ich in deinem Alter – das klingt so herablassend, das meine ich nicht – nicht gehabt habe, die ich auch heute manchmal nicht habe. Die ist bei dir schon da. Du hast trotzdem eine gewisse Angespanntheit in dir, ich glaube nicht negativ, aber du bist quasi aktiviert. Du hast eine gewisse Spannung, aber ich glaube, dass du ein Stück weit alles, was du sagst, bevor du es sagst oder während du es sagst, überdenkst. Ich glaube, du bist ein Stück weit… nicht auf deine Außenwirkung fokussiert, aber du bist dir deiner Außenwirkung bewusst. Dass du auch weißt, was du sagst, wie du rüberkommst und wie du rüberkommen möchtest. Ich glaube, dass du neben deinem Blog vermutlich auch Fiction schreibst oder gerne Fiction schreiben würdest oder irgendwann wirst.
Leo: Ich bin tatsächlich schon Autorin.
Timon Krause: Okay, das wusste ich nicht, das tut mir leid. Dann habe ich mich nicht eingängig genug mit dir beschäftigt an dieser Stelle.
Leo: Alles gut!
Timon Krause: Aber das hätte ich mir auf jeden Fall sehr gut vorstellen können, dass du das machst oder mal machen wirst. Ich glaube, du hast mal ein Instrument angefangen und dann aufgehört.
Leo: Das ist ein bisschen gruselig. *lacht* Ich habe mal Gitarre gespielt.
Timon Krause: Ich wollte gerade sagen Gitarre oder Geige, eins von beidem.
Leo: Ich habe vor etwa einem Jahr aufgehört. Es hat auch fast alles gestimmt. Das ist sehr beeindruckend. Auch leicht gruselig, aber auf eine gute Weise.
Timon Krause: *lacht*
Leo: Das Einzige, was nicht gestimmt hat, ist, dass ich nicht Klassensprecherin bin. Aber sonst war eigentlich fast alles richtig.
Timon Krause: Ich weiß auch nicht, warum ich Klassensprecherin dachte. Da war ich mir auch unsicher, aber vielleicht habe ich mal eine Klassensprecherin gehabt, die mich an dich erinnert hat oder so. Ich weiß nicht genau, wo das herkam und warum ich das dachte. Ist das so, dass du dich ein bisschen abschottest oder abgeschottet bist manchmal?
Leo: Teilweise. Ich mache auch Mannschaftssport, ich spiele seit ich fünf bin Fußball. Ich würde auch sagen, dass ich relativ extrovertiert bin. Aber schon einfach bedingt dessen, dass beispielsweise mein Blog relativ viel Zeit einnimmt, fokussiere ich mich da eben auch sehr drauf.
Timon Krause: Okay, so lange du es bewusst machst. Für mich war das nie ein Problem, ich weiß, dass ich ganz viel verpasst habe – auch in meiner Studentenzeit – und das ist okay, weil ich das so wollte. Also ich wollte das nicht verpassen, aber ich habe gesagt, dass ich diesen Moment packen und diese Sachen machen will. Und dann war das eben ein bewusstes Opfer, das ich gebracht habe. Ich habe da sehr viel Zeit reingesteckt, ich habe sehr viele Gigs gemacht und bin rumgefahren und so. Und das ist okay, aber weil das bewusst war. Ich glaube, ich hätte es bereut, wenn ich das an mir hätte vorbeiziehen lassen und dann gedacht hätte: „Crazy, ich wollte das eigentlich anders.“ Denk da ab und zu mal drüber nach, ob du das so oder so machst. Ich glaube, das eine ist nicht besser als das andere. Es gibt so dieses Ideal, das gibt es dann vielleicht auch im Journalismus, als Autorin, ist ja dann auch alles Kunst. Es gibt dieses Ideal vom verhungernden Künstler bzw. von der verhungerten Künstlerin, die alles da reinstecken und sich selbst zerstören. Das habe ich irgendwann losgelassen, weil ich denke, dass das mega dumm ist. Denn wen du verhungert bist, kannst du keine Kunst mehr machen. Dann arbeite halt bei Aldi an der Kasse, wenn es sein muss. Dann mach das halt so, dann hast du zumindest Essen und kannst weitermachen. Deshalb habe ich dieses Ideal irgendwann losgelassen, dieses Selbstzerstörerische. Aber den Eindruck machst du nicht. Ich habe den Hang zur Obsession und den Hang zur Sucht. Und darum muss ich da bei mir immer aufpassen, bis ich sage: „Hey, okay, sei noch vernünftig und pass mal ein bisschen auf dich auf.“ Aber denk auf jeden Fall ab und zu bewusst darüber nach. Du hast nicht nach Ratschlag gefragt, aber das wäre der, den ich dir mitgeben würde. Und überhaupt allen Menschen, die jung mit ihrer Leidenschaft anfangen. Das habe ich für mich richtig gemacht und ich glaube, das ist gut, wenn man das so macht, wenn man das bewusst macht.
Leo: Dann danke ich dir für dieses doch relativ tiefgründige Gespräch.
Timon Krause: Danke dir, das hat Spaß gemacht! Ich mache jetzt seit Juli oder so viel Promo für die neue Tour, die kommen wird – also ganz viele Pressereisen und so. Und das hier war auf jeden Fall eins der angenehmeren, ich würde mal sagen Top 3 der angenehmeren Interviews, die ich gehabt habe. Das hast du fantastisch gemacht, wirklich gut. Nicht dass du mein Lob brauchst, aber es war einfach wirklich angenehm.
Die Handball-Piraten: Sprung, Wurf und Sieg von Julia Nikoleit mit Illustrationen von Jan Saße
Karibu (Edel Kids Books) Hardcover Kinderbuch 144 Seiten Altersempfehlung: ab 8 Jahren ISBN: 978-3-96129-399-5 Ersterscheinung: 02.12.2023
Die Handball-Piraten entern das Spielfeld!
Inhalt: Tim und seine Freunde spielen in ihrer Freizeit Handball. Natürlich möchten sie nach den Sommerferien direkt wieder mit dem Training durchstarten, doch leider ist die Sporthalle gesperrt. Und da ein Unglück selten allein kommt, entscheiden sich einige Teammitglieder, die Mannschaft zu wechseln. Was nun? Man kann doch nicht zu viert in die Saison starten! Werden die „Handball-Piraten“ doch noch eine Lösung finden?
Meinung: Freundschaftsgeschichten für fußballbegeisterte Kinder findet man in jeder Buchhandlung. Doch sucht man nach Geschichten mit anderen Sportarten, wird man meist nicht fündig. Ich selbst spiele ja seit Jahren Fußball, bin aber gegenüber anderen Sportarten recht aufgeschlossen. Bis vor einem Jahr habe ich zusätzlich auch noch Feldhockey gespielt, doch aus Zeitgründen musste ich mich dann irgendwann für eine Sportart entscheiden. In meinem Freundeskreis ist aber nicht der Fußball, sondern tatsächlich der Handball die Sportart Nr. 1. Deshalb bin ich oft bei Spielen dabei – und ich muss zugeben, die schnellen Spielzüge und die vielen Tore lassen mich immer richtig mitfiebern. Genau dieses Gefühl hatte ich auch beim Lesen dieser Geschichte, denn man spürt, wie Tim und seine Freunde für ihren Lieblingssport brennen. Der Schreibstil der Autorin ist leicht lesbar und sagenhaft lebendig. Die Schriftgröße und die Kapitellänge entsprechen dem Lesealter. Auch die Illustrationen von Jan Saße konnten mich begeistern, denn die sind echt cool. Was natürlich auch erwähnt werden muss, sind die zahlreichen Trainingstipps von Tims Schwester, die man nach dem Lesen direkt ausprobieren kann. Viel zu schnell war ich fertig mit dem Lesen und nun hoffe ich sehr, dass es vielleicht eine Fortsetzung gibt.
Fazit: „Die Handball-Piraten: Sprung, Wurf und Sieg“ von Julia Nikoleit ist eine Freundschaftsgeschichte, die ich Mädchen und Jungen ab 8 Jahren empfehle. Tim und seine Freunde sind ein starkes Team und zeigen uns, dass man sich manchmal einen kleinen Ruck geben sollte, denn mit ein wenig Mut und Freunden, die zusammenhalten, kann man manchmal auch über sich hinauswachsen. Von mir gibt es auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung und 5 von 5 Sternchen.
From Lukov with Love Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt von Mariana Zapata übersetzt von Anika Klüver
Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH Paperback 544 Seiten Meine persönliche Altersempfehlung: ab 16 Jahren ISBN: 978-3-7341-1324-6 Ersterscheinung: 18.10.2023
Inhalt: Jasmine Santos ist bereits sechsundzwanzig und sie wünscht sich nichts sehnlicher, als die Spitzenränge des professionellen Eiskunstlaufs zu erobern. Doch nach Jahren harten Trainings scheint ihr Traum ferner denn je. Aber dann erhält sie das Angebot ihres Lebens: Sie soll die neue Eiskunstlaufpartnerin von Ivan Lukov werden. Das einzige Problem dabei ist, dass Jasmine und Ivan sich eigentlich überhaupt nicht ausstehen können…
Meinung: Normalerweise lasse ich mich von dem Hype auf BookTok nicht beeinflussen, aber bei diesem Buch war es anders, irgendetwas hat mich direkt angesprochen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich lese sehr gerne Sports Romance. Angefangen hat es eher mit Romanen mit fußballspielenden Protagonisten, da ich selbst eine leidenschaftliche Fußballerin bin. Nebenbei spielte ich eine zeitlang auch Feldhockey, was dem Eishockey recht nahe kommt. Neben zahlreichen Eishockey-Romanen gesellten sich dann nach und nach irgendwann auch Bücher zu allen möglichen Sportarten auf dem Eis hinzu. Aber keine Geschichte war bisher so schön wie diese. Mit der Protagonistin Jasmine Santos bin ich anfangs nicht wirklich warm geworden, das kam erst später – dafür hat sich aber Ivan Lukov direkt in mein Herz geschlichen. Dieser Mann hat mein Herz erobert und alle, die danach kommen, werden es schwer haben, denn sie werden ab sofort mit ihm verglichen. Auf den ersten Kuss muss man lange warten, aber dafür wird man bei dieser Slow-Burn-Romance mit ganz viel ehrlicher Liebe belohnt. Wenn ich an die Szenen denke, als Jasmine fiebert und Ivan sich liebevoll um sie kümmert oder aber als er ihr sagt „Ich liebe dich so sehr, dass ich den ganzen Tag mit dir verbringe und immer noch nicht genug habe“ (S. 519), dann wird mir noch immer ganz warm ums Herz. Die beiden haben einen wahnsinnig guten Humor und das ist es, was wahre Liebe ausmacht. Sie ist ihm nicht böse, dass er sie Fleischklops nennt, dafür konntert sie selbstverständlich mit höllisch heißen Bezeichnungen wie Satan oder Luzifer. Es gibt sicher Stimmen, die sagen, dass das in der heutigen Zeit sehr schwierig und komplett unangebracht ist, wenn ein Mann eine Frau, die gerade mal 50 kg wiegt und einen sportlich durchtrainierten Körper hat, Fleischklops nennt. Aber Jasmine ist nicht nur hart im Nehmen, sie ist selbstbewusst und verteilt auch gerne selbst Spitzen. Auch die Nebencharaktere fand ich größtenteils liebenswert, auch wenn man nur einen oberflächlichen Eindruck erhält. Ich weiß aber, dass es beispielsweise einen weiteren Roman der Autorin gibt, in dem es um Jasmines Schwester Ruby geht, und ich glaube, dass ich diesen ziemlich bald lesen möchte. Wenn ich an dieser Enemies-to-Friends-to-Lovers-Romance eventuell noch etwas ändern könnte, dann hätte ich mir Kapitel aus Ivans Sicht gewünscht. Dann wäre das Buch ein abolutes Highlight für mich gewesen.
Fazit: „From Lukov with Love – Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt“ von Mariana Zapata ist eine Slow-Burn-Romance, die mich von der ersten Seite an gefesselt hat. Die Chemie zwischen den beiden Protagonisten war höllisch heiß und brachte in der Tat das Eis zum Schmelzen. Von mir gibt es wunderbare 4,5 von 5 Sternchen.
Lieblingszitate: „Im Leben gab es Momente, in denen man sich fragte, ob man Drogen genommen hatte, ohne es zu merken.“ (S. 37) und „Manchmal trennte das Leben zwei Menschen eben. Das hatte nichts damit zu tun, dass einem jemand weniger wichtig war. Es passierte einfach.“ (S. 85) und „Man wird in nichts richtig gut, wenn man nicht irgendetwas opfert, um die nötige Zeit fürs Training zu haben.“ (S. 291) und „Ich liebe dich so sehr, dass ich nur noch mit dir eislaufen will, und wenn ich das nicht kann, dann will ich mit niemandem sonst eislaufen.“ (S. 519 f.) und „Denn ich habe kein Problem damit, dass du noch zehn andere Personen in deinem Leben hast, die deine Lieblingsmenschen sind. Aber du wirst immer mein Lieblingsmensch sein. Immer. Egal was passiert.“ (S. 520)
Inhalt: Dieses kleine Taschenbuch beinhaltet 90 Fragen von mehr oder minder prominenten Persönlichkeiten. Die Antworten sollen wohl einen tiefen Einblick in das Privat- und Sportlerleben von Toni Kroos bieten, aber dazu muss sich jeder selbst ein Bild machen.
Meinung: Ich bin seit fast fünf Jahren Buchbloggerin und in dieser Zeit habe ich tatsächlich schon mehr als 1.000 Bücher gelesen und rezensiert, darunter natürlich hauptsächlich Kinder- und Jugendbücher, aber ab und zu auch mal ein Buch, das sportliche Inhalte bietet. Ich selbst spiele schon seit meinem fünften Lebensjahr Fußball und wenn es wirklich etwas gibt, dass ich ein klein wenig mehr liebe als das Lesen und das Schreiben, dann ist es alles rund um das Thema Fußball. Ich besitze einen Haufen Bücher, die einer ambitionierten Fußballspielerin wie mir Skills und Fachwissen bieten. Zwischendurch lese ich auch gerne Biografien wie die von Alexandra Popp, von Robin Gosens oder auch von Luka Modrić. Und als ich dann dieses Cover online entdeckt habe, suggerierte mir mein Fußballherz, dass ich dieses Buch unbedingt haben müsste, denn Toni Kroos ist nicht nur einer der besten deutschen Fußballprofis, sondern auch ein Mann mit einem sehr großen Herzen für Kinder. Es gibt viele Promis, die viel Geld verdienen, aber nicht viele davon teilen es auch gerne. Toni Kroos schon. Im Jahre 2015 wurde die Toni Kroos Stiftung mit dem Ziel, schwerkranken Kindern zu helfen, gegründet. Als mir dann vor einigen Tagen der Briefträger das Paket mit diesem Buch überbrachte, war ich zuerst verwundert und dann sehr enttäuscht. Dieses Buch als Buch zu bezeichnen, ist in meinen Augen ein Witz, denn es handelt sich wohl eher um ein Bilderbuch oder größtenfalls um eine Lektüre für Leseanfänger. Sehr viele Bilder und eine sehr große Schrift ließen mich im Glauben, dass es hier nur darum ging, auf die Schnelle ein Buch zu füllen, mit dem man noch schneller sehr viel Geld verdienen könnte. Laut Sports Illustrated könnte die Liste der prominenten Fragenden kaum hochkarätiger sein, allerdings sehe ich das ein klein wenig anders. Natürlich sind da Hochkaräter dabei, die man definitiv zu Wort kommen lassen sollte, aber leider nicht alle. 90 Prominente aus Sport, Medien und Show (und nicht alle haben tatsächlich was mit Fußball zu tun) wurden gebeten, je eine Frage an Toni Kroos zu richten. Toni Kroos bezeichnte dieses Interview sogar auf X (früher Twitter) als das wichtigste Interview seiner Karriere. Dazu mag ich mich nicht äußern, denn wenn das tatsächlich das wichtigste Interview gewesen sein soll, dann frage ich mich, was für Interviews er bisher gegeben hat?!? Ich bin zwar kein Promi, aber wenn ich Toni Kroos jemals begegnen sollte, werde ich ihn bitten, ob ich Hochkaräter Nr. 91 sein darf und ob ich ihm auch eine Frage stellen kann. Denn das „Warum?“ interessiert mich ernsthaft. Warum lässt ein Profifußballer wie Toni Kroos solch ein Buch in seinem Namen und mit seinem Antlitz drucken? Laut Vorwort erschienen 90 Fragen exakt 90 Tage nach dem Finale von Paris (Champions-League-Finalsieg mit Real Madrid gegen den FC Liverpool am 28. Mai 2022) zunächst als PDF und von deren Erlös gingen je Download 90 Cent in die Toni Kroos Stiftung. Wie viel der Download gekostet hat und ob der Erlös somit vollständig oder nur teilweise in die Stiftung geflossen ist, wird hier im Buch nicht näher erläutert. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass mit jedem verkauften Exemplar dieses Buches die Toni Kroos Stiftung finanziell unterstützt wird. Ob der vollständige Erlös gespendet wird oder nur ein Bruchteil, ist für mich ein äußerst wichtiger Aspekt, den ich gerne in meine Beurteilung mit einfließen lassen würde. Sollte sich jemals die Gelegenheit ergeben, dass mir Toni Kroos hierzu Rede und Antwort steht, werde ich dementsprechend meine Bewertung eventuell abändern. Für ein Buch wie dieses würde ich sogar noch viel mehr bezahlen, wenn ich wüsste, dass der Erlös schwerkranken Kindern zu Gute kommt. Aber solange ich das nicht weiß, muss ich einfach bewerten, was ich vor mir liegen habe – und das ist wahrlich keine 13 € wert. Die zahlreichen Fotos sind alle ganz toll und für Fans ein Must-have, aber die teilweise banalen Fragen und die dazugehörigen Antworten haben mich jetzt nicht vom Hocker gerissen oder mir tatsächlich einen privaten Einblick in das Leben eines Profisportlers gewährt.
Fazit: In »Du hattest 90 Minuten Zeit« von Toni Kroos und Oliver Wurm stellen 90 mehr oder minder prominente Persönlichkeiten Fragen, die man einem Profifußballer stellen kann, wenn man Lust auf Smalltalk hat, aber ungern über das Wetter reden möchte. Von mir gibt es leider nur 2 von 5 Sternchen, einen Stern für die vielen Fotos und einen für Toni Kroos und seine Stiftung, mit der er viele Kinder glücklich macht.