Interview mit Susa Reichmann

Die Autorin Susa Reichmann lebt in einer Gegend zwischen dem Bodensee und dem Schwarzwald, die mit ihren erloschenen Vulkanen, Burgruinen und Wäldern wie geschaffen ist für Fantasy-Abenteuer. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in ihren Büchern nicht nur menschliche Protagonisten wichtige Rollen spielen, sondern auch Tiere und die Natur ihren ganz eigenen Part bekommen. Außerdem zieht Susa die Grenzen des Genres „Urban Fantasy“ etwas weiter: Warum sollten fantastische Abenteuer ausschließlich in großen Städten stattfinden, wo es doch auf dem Land so viele mystische Orte gibt? Eben. Und deswegen beginnt für sie Fantasy direkt vor der eigenen Haustür.

(Foto: © Susa Reichmann)

Leo: Ich habe ein wenig im Vorfeld zu diesem Interview recherchiert und weiß nun einiges mehr von dir, aber vielleicht erzählst du mal, wie und wann du zum Schreiben kamst.

Susa: Prinzipiell habe ich eigentlich schon immer geschrieben, aber nie wirklich etwas veröffentlicht außer einzelnen Artikeln. Dann, das war 2015, sollte ich eigentlich einen Lehrauftrag übernehmen, der aber kurzfristig wegfiel. Ich war frustriert – ich hätte den Lehrauftrag wirklich gerne gehabt! – und hatte mit einem Mal überraschend viel Zeit. Also habe ich erst mal einen Schrank für unser Wohnzimmer gebaut. Und als ich auf dem Hof stand und das Holz abgeschliffen habe, um es zu streichen, dachte ich plötzlich: „Was wäre, wenn das Holz jetzt anfangen würde, sich zu bewegen? Oder vielleicht die Farbe doof fände, mit der ich es streichen will?“ Tja, daraus wurde dann „Woodtalker“.

Leo: Was war dein Lieblingsbuch in deiner Kindheit?

Susa: Oje. Ich habe als Kind so viel gelesen, es ist beinahe unmöglich, das zu sagen. „Pippi Langstrumpf“ war auf jeden Fall ganz vorn dabei, und „Bille und Zottel“. Später, so als Teenager, kam dann die großartige „Song of the Lioness“-Reihe von Tamora Pierce dazu, die ich zufällig mal auf einem Reiterhof in den Ferien entdeckt und seitdem bestimmt ein Dutzend Mal gelesen habe.

Leo: Welche Bücher gehören heute zu deinen Lieblingsbüchern? Was liest du gerne?

Susa: Leider habe ich heute nur noch sehr wenig Zeit zum Lesen. Deswegen bin ich ziemlich komplett umgestiegen auf Hörbücher, weil man die nebenbei hören kann, zum Beispiel beim Stallmisten oder beim Wäschefalten. Gerade habe ich die „Scythe“-Reihe von Neal Shusterman beendet, die fand ich ganz gut. Ich bin wenig festgelegt, was Genre etc. angeht, aber ich mag es gar nicht, wenn ich schon nach dem Klappentext weiß, wie die Story ausgeht. Stattdessen bin ich immer auf der Suche nach Geschichten, die ein bisschen „anders“ sind wie z.B. die „Drachentöterin“-Reihe von Jasper Fforde, die ist genial durchgeknallt. Oder „Good Omens“ von Terry Pratchett und Neil Gaiman (beste Fußnoten ever!). Ansonsten lese ich auch mal gerne Cecelia Ahern und immer noch und immer wieder Tamora Pierce.

Leo: Wie sieht dein Arbeitsplatz aus? Gibt es einen speziellen Arbeitsplatz? Wie arbeitest du am liebsten? Und wo schreibst du? Konzentrierte Ruhe und allein im Büro oder ein Spaziergang an einem belebten Ort? Es gibt Autoren, die lieber ihre Ruhe haben wollen und in einem Büro schreiben, andere wiederum schreiben sehr gerne in Cafés.

Susa: Tatsächlich habe ich gar keinen festen Arbeitsplatz zum Schreiben, sondern einen minikleinen Laptop, den ich mit mir herumschleppe und heraushole, wann immer sich die Gelegenheit bietet zu schreiben. Das kann zum Beispiel im Auto auf dem Parkplatz der Musikschule sein, während ich auf meine Kinder warte. Daheim gehe ich dorthin, wo gerade niemand sonst ist – das ist manchmal ziemlich schwierig, wir sind zu fünft und irgendwie kommt immer jemand rein (und wenn nicht, macht eine der Katzen Unfug!). Zum Schreiben muss ich allein sein, sonst funktioniert es nicht. Wo ich mich befinde, ist mir dagegen vollkommen egal.

Leo: Wie sieht so ein typischer Arbeitstag aus? Hast du überhaupt einen typischen Alltag? Du bist ja „nebenher“ auch noch Biologin und arbeitest an einer Hochschule, wie viel Zeit bleibt einem dabei, um an einem Buch zu schreiben?

Susa: Was soll ich sagen – wenig. Ich habe zwar nur eine 50%-Stelle, aber der Job ist ja nicht alles: Zuhause warten je drei Kinder, Ponys, Katzen und Meerschweinchen auf mich. Ein typischer Tag sieht für mich so aus, dass ich morgens als Erstes die Stallarbeit erledige, während mein Mann sich darum kümmert, dass die Kinder aufstehen, frühstücken und losgehen in die Schule (oder, im Moment, an den Schreibtisch). Ich arbeite normalerweise am Vormittag, abwechselnd vom Homeoffice und vor Ort an der Hochschule, und mittags sind dann erst mal die nächste Stallrunde, Haushaltskram und Hausaufgabenbetreuung angesagt. Wenn ich Glück habe und mit meiner Arbeit für den Tag schon durch bin, kann ich vielleicht irgendwann am späten Nachmittag ein bisschen Zeit zum Schreiben abknapsen, oder am Abend, wenn die Kinder im Bett und die Pferde für die Nacht versorgt sind. Falls ich dann noch fit genug bin. Was de facto bedeutet, dass ich meist nur am Wochenende wirklich Zeit habe, an meinen Manuskripten zu arbeiten. Allerdings soll das jetzt nicht heißen, dass ich total gestresst bin oder mich das nervt – im Gegenteil. Ich liebe mein trubeliges chaotisches Leben und seine immer wieder neuen Herausforderungen!

Leo: Was machst du, um Ideen zu sammeln? Wann kommen dir die besten Ideen? Gibt es Tage, an denen dir gar nichts einfällt? Tage, an denen du einfach ideenlos bist? Und vor allem, was machst du, wenn dir nichts einfällt?

Susa: Jetzt lachst du mich gleich aus: Meine besten Ideen habe ich – auf dem Misthaufen. Ich muss einmal pro Woche den Pferdemist auf einen Hänger schaufeln und zum Bauern fahren. Damit verbringe ich jeden Samstag ein paar Stunden, und es gibt nichts, wobei ich besser die Gedanken schweifen lassen und meine Ideen ausarbeiten kann. Man könnte also sagen, meine Geschichten sind im wahrsten Sinn des Wortes auf meinem Mist gewachsen.
Dass ich gar keine Ideen habe, kommt so gut wie nie vor, es ist eher umgekehrt: Ich habe viel zu wenig Zeit, um aus all den Ideen etwas zu machen. Manchmal kommt es allerdings vor, dass ich in einer Geschichte hängenbleibe. Dann ist es meistens so, dass ich meine Ideen im Vorfeld nicht gut genug durchdacht habe und dass irgendwo noch Lücken klaffen – ob bei den Charakteren, im Worldbuilding oder in der Storyline. In dem Fall hilft es mir, sehr gründlich über alles nachzudenken, im Kopf verschiedene Möglichkeiten durchzuspielen und auch mal ein Stück in der Geschichte zurückzugehen. Vielleicht ist nämlich schon weiter vorne genau der Fehler passiert, der den Fortgang jetzt weiter hinten blockiert. Wenn ich ihn finde und korrigiere, läuft’s wieder.

Leo: Wer darf deine neuen Texte und Werke als erstes lesen?

Susa: Ich habe mehrere Test- und Korrekturleserinnen. Einige davon schreiben selbst, sodass sie einen sehr präzisen Blick darauf haben, was gute Texte ausmacht, sowohl im Großen als auch in den Details. „Woodtalker“ haben zuallererst zwei Freundinnen von mir gelesen, die beide gelernte Schreinerinnen sind. Dafür bin ich sehr dankbar, denn ohne ihre Hilfe hätte ich eine Menge Fehler bei den Fachworten und handwerklichen Vorgehensweisen im Text gehabt. Und dann natürlich meine Kinder – das aktuelle Manuskript liegt gerade bei meiner Ältesten, und sie ist gnadenlos mit ihrer Kritik. 😉

Leo: Wie lange hast du insgesamt gebraucht bis zur Fertigstellung von Woodtalker?

Susa: 2015 habe ich die Rohfassung geschrieben, dann überarbeitet, testlesen und lektorieren lassen, wieder überarbeitet … Zweimal habe ich im Prinzip das ganze Buch von Grund auf neu geschrieben, weil die Änderungen so gravierend waren, dass ich nur wenig vom Ursprungstext beibehalten konnte. Die Suche nach einem Verlag hat auch eine ganze Weile gedauert, und als der Vertrag unterschrieben war, kamen natürlich noch Lektorat und Korrektorat. Erschienen ist das Buch dann im August 2019, etwas mehr als vier Jahre, nachdem ich angefangen hatte, es zu schreiben.

Leo: Während der letzten Monate mussten wir alle unser Leben umstellen. Was hast du die letzten vier Monate gemacht? Hat sich für dich viel verändert? Schreiben kann man ja auch trotz Corona.

Susa: Unsere Hochschule hat uns alle ziemlich früh ins Homeoffice geschickt, und wir mussten unsere komplette Lehre auf digital umstellen. Das war extrem aufwändig und hat unglaublich viel Zeit gekostet. Dazu kam, dass alle drei Kinder natürlich im Homeschooling waren und mein Mann wegen Corona eine Menge Überstunden machen musste. Fürs Schreiben blieb da kaum Zeit und vor allem keine Energie übrig, leider. Und auch meine Kreativität brauchte ich anderweitig, nämlich um meine Lehrveranstaltungen so zu gestalten, dass meine Studis hoffentlich genauso viel daraus mitnehmen konnten wie in einem normalen Semester. Hat sich also einiges verändert, ja – vor allem habe ich unfassbar viel Neues gelernt, von Videokonferenzen halten bis Vorlesungsvideos aufzeichnen und schneiden. Was anstrengend war, aber auch total viel Spaß gemacht hat, und ich werde sicher einiges davon weiterhin anwenden.

Leo: Hast du schon Lesungen gehalten? Wenn ja, wie war die erste Lesung für dich?

Susa: Nur einmal bisher, nämlich zur Erscheinung von „Woodtalker“ auf einer Messe, der FaRK. Es war komisch – ich bin zwar gewohnt, Vorlesungen zu halten, das ist mein Alltag und dabei bin ich völlig entspannt. Aber etwas vorzulesen, das man selbst geschrieben hat, fühlt sich komplett anders an als Leuten beizubringen, wie die Glycolyse funktioniert. Dementsprechend war ich extrem nervös. Trotzdem hat’s gut geklappt, zum Glück.

Leo: Welche Projekte planst du? Wie sieht die buchige Zukunft aus?

Susa: Im Augenblick arbeite ich an den letzten Kapiteln meines aktuellen Fantasy-Buches, für das ich demnächst auf Verlagssuche gehen will. Ich versuche mal einen Klappentext – darin bin ich miserabel, also nicht zu streng mit mir sein, bitte. 😉

Irgendwo im Schwarzwald, tief unter der Erde, liegt ein Uhrwerk, das der Zeit der Welten ihren Takt vorgibt. Nun droht es zu zerbrechen – und ausgerechnet Ambra soll es reparieren. Als hätte sie nicht schon genug Probleme seit dieser Party, nach der ihr Freund mit ihr Schluss gemacht hat! Aber wenn die Welt jeden Moment stehenbleiben kann, ist es höchste Zeit, wieder jemandem zu vertrauen … vielleicht sogar Jo, diesem sonderbaren Typ mit den grünen Haaren?

Woran ich nach diesem Projekt als Nächstes arbeiten werde, habe ich noch nicht entschieden – Woodtalker 2 vielleicht, oder beginne ich doch lieber mit der Kinderbuchreihe zu Tier- und Umweltthemen, die mir seit Längerem vorschwebt? Ein paar andere Ideen hätte ich auch noch … wie immer zu viele, um an allen arbeiten zu können!
Außerdem plane ich schon seit einer Weile, auf meiner Homepage einen Blog einzurichten: Seit November habe ich ein Wildpferd, eine in Freiheit aufgewachsene Exmoorstute namens Nessie, und ich würde gerne darüber schreiben, wie sie zu uns gekommen ist und welche Fortschritte sie macht.

Leo: Vielen Dank fürs Interview.

Susa: Ich hoffe, ich konnte dir ein paar interessante Einblicke geben. Es hat mir viel Spaß gemacht, deine Fragen zu beantworten! Jetzt wünsche ich dir einen tollen Sommer mit vielen wunderbaren Büchern für die Sommerferien!

Interview mit Sarah Nisse

Die im Mittelrheintal geborene Autorin Sarah Nisse begann während ihres Studiums der Geschichte, Politikwissenschaft und Publizistik Romane zu schreiben, vorwiegend für Jugendliche – nun aber auch für Kinder. Mit „Lilous Wundergarten“ ist bereits im Frühjahr der erste Band der Reihe voller botanischer Ideen, mit farbenfrohen Illustrationen und einer spannenden Handlung erschienen. Dieser magische Reihenauftakt hat mich entzückt und vollkommen begeistert. Ich war so gespannt auf die Fortsetzung, die uns diesmal nach Südfrankreich reisen lässt, dass ich unbedingt noch ein paar Hintergrundinformationen zu „Lilou“ in Erfahrung bringen wollte. Wie gut, dass Sarah neben ihrer Arbeit als Lehrerin und Autorin etwas Zeit hatte, mir ein paar Fragen zu beantworten.

(Foto: © Sarah Nisse)

Leo: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Sarah: Ich habe erst 2010 während meines Studiums begonnen, Geschichten zu schreiben. Damals habe ich nach einer langen Leseflaute endlich den letzten Harry Potter-Band gelesen und plötzlich hat mich der Wunsch gepackt, selbst solche fantasievollen Geschichten zu erfinden und aufzuschreiben. Ich habe erst einmal ziemlich viel übers Romanschreiben recherchiert und Schreibratgeber gelesen und dann hat es noch ein paar Jahre gedauert, bis ich tatsächlich meinen ersten Jugendroman „Dunkelherz“ fertiggestellt hatte. Aber seitdem hat mich das Schreiben nicht mehr losgelassen und ist zu einem festen Teil meines Lebens geworden, den ich nicht mehr missen möchte.

Leo: Was war dein Lieblingsbuch in deiner Kindheit?

Sarah: In meiner Kindheit habe ich alles von Enid Blyton verschlungen, aber auch Reihen wie „TKKG“ oder Pferdebücher wie „Bille & Zottel“. Bücher, die mich geprägt haben, waren „Momo“ und „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende, oder auch „Der goldene Kompass“ von Philip Pullman, und später in meinen Jugendjahren natürlich „Harry Potter“.

Leo: Welche Bücher gehören heute zu deinen Lieblingsbüchern? Was liest du gerne?

Sarah: Ich lese noch immer sehr gerne fantasievolle Geschichten, so liebe ich zum Beispiel die Bücher von Cornelia Funke. Zu meinen Lieblingsbüchern gehören auf jeden Fall „Die Bücherdiebin“ von Markus Zusak und „Das Mädchen mit den gläsernen Füßen“ von Ali Shaw. Im Kinderbuchbereich hat mich die „Nevermoor“-Reihe von Jessica Townsend sehr begeistert.

Leo: Wie sieht dein Arbeitsplatz aus? Gibt es einen speziellen Arbeitsplatz? Wie arbeitest du am liebsten? Und wo schreibst du?

Sarah: Einen festen Arbeitsplatz habe ich gar nicht – ich wechsle immer zwischen Wohnzimmertisch, Sofa oder Balkon hin und her. Ich schreibe auch sehr gerne im Zug oder im Café, das finde ich besonders inspirierend. Da ich beim Schreiben Musik höre, werde ich auch nicht von den Gesprächen um mich herum abgelenkt. Am produktivsten war ich bisher allerdings immer, wenn ich in der Uni-Bibliothek geschrieben habe – da arbeiten einfach alle so fleißig und konzentriert, dass man gar nicht anders kann, als sich auf seinen Text zu konzentrieren 😉

Leo: Wie sieht so ein typischer Arbeitstag aus? Hast du überhaupt einen typischen Alltag? Du bist ja „nebenher“ auch noch Lehrerin, wie viel Zeit bleibt einem dabei, um an einem Buch zu schreiben?

Sarah: Ich habe tatsächlich keinen typischen Schreiballtag. Das Schreiben ist neben dem Lehrerdasein mein Nebenberuf und so versuche ich mich regelmäßig an meine Texte und Geschichten zu setzen, wenn die „Lehreraufgaben“ abgearbeitet sind. Das ist dann oft am Abend oder am Wochenende für ein paar Stunden der Fall, zwischendurch in einer Freistunde oder im Zug auf dem Weg zur Arbeit.

Leo: Was machst du, um Ideen zu sammeln? Wann kommen dir die besten Ideen? Gibt es Tage, an denen dir gar nichts einfällt? Tage, an denen du einfach ideenlos bist? Und vor allem, was machst du, wenn dir nichts einfällt?

Sarah: Die Sache mit den Ideen fasziniert mich selbst immer wieder, denn meist suche ich gar nicht aktiv nach ihnen, sondern sie überfallen mich aus dem Hinterhalt und ich kann oft gar nicht sagen, wo sie genau herkommen. Dinge, die ich im Alltag erlebe, können mich genauso inspirieren wie Erinnerungen, Recherche zu einem bestimmten Thema, Essen, Bücher, Filme, Serien oder sonstige Kunst. Sehr stark werde ich auch vom Reisen inspiriert – wenn ich einen neuen Ort bereise, will ich am liebsten die Atmosphäre aufsaugen und eine neue Geschichte dort ansiedeln. Alle Ideen, die etwas taugen, notiere ich in einem Notizbuch. Das hilft dann auch über die Phasen hinweg, in denen ich ideenlos bin, denn natürlich kommen neue Ideen nicht ständig und regelmäßig, sondern meist dann, wenn man gar nicht mit ihnen rechnet.
Wenn ich aus einer groben Idee eine Geschichte entwickeln will und dabei einfach nicht weiterkomme, hilft es mir, die Handlung der Geschichte aufzuschreiben oder mit Freunden und Familie zu brainstormen – das weckt meistens neue Ideen und löst den Knoten im Gehirn.

Leo: Wie lange hast du insgesamt gebraucht bis zur Fertigstellung von Lilous Wundergarten?

Sarah: Für Teil 1 von Lilous Wundergarten habe ich etwas länger gebraucht, denn ich habe zunächst die Idee entwickelt, ein Exposé, also eine Inhaltsangabe, und eine lange Leseprobe für meine Agentur geschrieben und dann ist Lilou auf Verlagssuche gegangen. Da es mein erstes Kinderbuch ab 8 war, musste ich zunächst in die Erzählstimme finden, da ich vorher nur Jugendbücher geschrieben hatte – es waren einige Überarbeitungen nötig, bis ich zufrieden war. Während der Verlagssuche lag das unfertige Manuskript dann erst einmal in meiner Schublade, bis sich die Chance bei Schneiderbuch ergeben hat.
Da ich mir bereits im Voraus Gedanken um ein Konzept für Teil 2 gemacht hatte, ging das Schreiben von „Feigenmut und Lavendelduft“ wesentlich schneller – da konnte ich die Rohfassung innerhalb von ein bis zwei Monaten fertigstellen.

Leo: Welche Projekte planst du? Wie sieht die buchige Zukunft aus?

Sarah: Ich habe viele neue Ideen für Kinder- und Jugendbücher und möchte in den nächsten Jahren auf jeden Fall weiter in diesem Bereich veröffentlichen. Gerade arbeite ich mit meiner Agentur an einer neuen fantastischen Kinderbuchidee ab 10, zwei neue Kinderbuchkonzepte sind schon ausgearbeitet und aktuell auf Verlagssuche und vor ein paar Tagen hat mich im Urlaub in Brügge plötzlich eine ganz neue Idee „überfallen“, zu der ich jetzt ein Notizbuch vollschreibe 🙂 Ich bin selbst sehr gespannt, was sich in den nächsten Jahren ergeben wird!

Interview mit THiLO

Im Sommer vor meiner Einschulung habe ich die erste Bekanntschaft mit Büchern von THiLO gemacht. Damals habe ich nämlich zum ersten Mal an der Aktion „Heiß auf Lesen“ in unserer Bücherei teilgenommen. Eigentlich geht es bei „Heiß auf Lesen“ darum, die Kinder zum Lesen zu animieren – ganz egal, ob nur ein Buch oder auch mehrere gelesen werden. Mich wollte man zuerst nicht mitmachen lassen, da ich ja noch ein Kindergartenkind war und es ist ja bekannt, dass Kindergartenkinder nicht lesen können. Wie bitte? Das hat mich richtig wütend gemacht! Bei dieser Aktion soll doch die Liebe zum Lesen gefördert werden und dann lässt man ein Kind nicht teilnehmen, nur weil es vor dem Durchschnittslesealter schon lesen kann! Kurzum – ich habe dann geschummelt. Ich bin tags drauf in die Bücherei gegangen, diesmal zu einer anderen Dame, die mich noch nicht kannte, und dann habe ich gesagt, dass ich nach dem Sommer in die zweite Klasse komme. Somit war ich angemeldet und vor allem aber auch angestachelt. Ich wollte es allen zeigen, dass sie im Unrecht waren. Ich ging dann also fast täglich in die Bücherei und habe ein Buch nach dem anderen gelesen und danach mündlich rezensiert. Am Ende der Sommerferien waren es stolze 36 Bücher. Nicht schlecht für ein Kindergartenkind, oder? Die Vielzahl war natürlich nur möglich, weil sich die Bücher für Leseanfänger leicht und schnell lesen lassen. Immer mal wieder kam mir dann ein Buch in die Hand, dessen Autor sich THiLO nannte. Ich habe mich schon damals über den Namen gewundert und mich gefreut, dass mir THiLO jetzt diese Frage und natürlich noch ein paar weitere beantworten konnte.

(Foto: © THiLO)

Leo: Ich habe ein wenig im Vorfeld zu diesem Interview recherchiert und weiß nun einiges mehr von Ihnen, aber vielleicht erzählen Sie mal, wie und wann Sie zum Schreiben und zum Beruf „Autor“ kamen. Ich gehe davon aus, dass die elterliche Buchhandlung wahrscheinlich prägend dafür war, oder?

THiLO: Klar, das war natürlich toll, eine Mutter zu haben, die Buchhändlerin ist. Wenn man Schreiner werden will ist es auch ein Vorteil, wenn man schon mal einen Tisch gesehen hat. Ich habe auch als Schüler schon gerne geschrieben – nur nicht das, was die Lehrer wollten. Die Aufsätze wie „Mein schönster Ferientag“ gingen bei mir so: Ich war von morgens bis abends mit meinen Freunden auf dem Fußballplatz – Aufsatzende. Auf meinem Zeugnis in der Dritten Klasse waren alle Fächer gut, nur Aufsätze schreiben ausreichend
Später wollte ich dann Journalist werden und habe während des Studiums bei Zeitungen und beim Radio gearbeitet. Als ich beim ZDF ein Praktikum gemacht habe, brauchten sie gerade Drehbuchautoren für die Sendung 1, 2 oder 3 – und der Prakti durfte es auch mal versuchen. Das Drehbuch wurde tatsächlich genommen und von da ab habe ich mich in der Kindergeschichtenlandschaft wie ein Krake ausgebreitet.

Leo: Es ist ein Traum aller Leseratten: Aufwachsen in einer Buchhandlung! Welche Bücher haben Ihr Interesse damals als Kind geweckt und waren Sie überhaupt schon buchbegeistert als Kind? Bei vielen Menschen entwickelt sich die Liebe zu Büchern ja erst viel später.

THiLO: Ich habe als Kind wirklich sehr viel gelesen, aber eben auch Fußball gespielt, es war eine gesunde Mischung. Ich durfte mir aber trotzdem nicht alle Bücher aus der Buchhandlung einfach so mitnehmen. Deshalb war ich auch in der Bücherei Dauergast. Ich glaube, ich habe alle Kinderbücher gelesen, die es damals gab. Gerne auch Sachbücher.

Leo: Was war Ihr Lieblingsbuch in Ihrer Kindheit?

THiLO: Robinson Crusoe. 27 Jahre alleine auf einer Insel zu leben und sich rundherum selbst zu versorgen fand ich damals sehr faszinierend (heute auch noch).

Leo: Welche Bücher gehören heute zu Ihren Lieblingsbüchern? Was lesen Sie gerne?

THiLO: Das ist immer unterschiedlich. Nach meinem Abitur – als ich nicht mehr musste – habe ich bei der Ferienarbeit alle Klassiker gelesen, Goethe, Schiller, Brecht, Hesse, Fontane (das sind ähnlich gute Schriftsteller wie ich). Ich habe extra anders Pause gemacht, als die Arbeiter dort, damit die mich nicht eingebildet finden und verkloppen. Heute lese ich manchmal ein halbes Jahr lang nur Krimis, dann wieder Biografien. Es gibt wenige Bücher, die mich überhaupt nicht interessieren.

Leo: Wieso nennen Sie sich THiLO? Das ist doch schon ein etwas außergewöhnlicher Künstlername.

THiLO: Das ist wirklich mein Vorname, ich schreibe ihn noch immer so, wie ich es mir mit vier Jahren beigebracht habe.

Leo: Wie sieht Ihr Arbeitsplatz aus? Wie arbeiten Sie am liebsten? Und wo schreiben Sie? Konzentrierte Ruhe und allein im Büro oder ein Spaziergang an einem belebten Ort?

THiLO: Einen typischen Arbeitsplatz habe ich gar nicht. Ich kann überall schreiben, im Zug, im Café, am Strand. Ich bin etwa 200 Tage im Jahr – in normalen Jahren – unterwegs. Ich brauche nicht mehr als mein Laptop, wenn es rundherum zu unruhig ist, setze ich mir Kopfhörer auf.

Leo: Wie sieht so ein typischer Arbeitstag aus? Haben Sie überhaupt einen typischen Alltag?

THiLO: Auch das ist sehr unterschiedlich. Mal ist es wie bei den meisten anderen Menschen, ich beginne um 8 Uhr und höre um 17 Uhr auf. Oft schreibe ich aber auch an Sonntagen oder abends. Da ich so unglaublich gerne schreibe, habe ich dann trotzdem nicht das Gefühl, dass ich gerade arbeite.

Leo: Wie kommen Sie auf die zahlreichen Ideen? Gibt es Vorgaben von Verlagen? Oder schreiben Sie einfach, was Ihnen in den Sinn kommt? Was machen Sie, um Ideen zu sammeln?

THiLO: Die Ideen gehen mir tatsächlich nie aus – bisher jedenfalls. Es kann sein, dass das mit den vielen Büchern zu tun hat, die ich als Kind verschlungen habe. Generell sind ja alle guten Geschichten ähnlich aufgebaut, also das Skelett ist gleich, sozusagen. Das Fleisch ist dann neu. Und wenn ich mitten in einer Geschichte steckenbleibe, gehe ich auf den Friedhof, zu den ganz alten Gräbern. Ich lese mir die Namen und Daten durch und sofort rattert es in meinem Kopf los, wie deren Leben wohl gewesen ist. Das setzt dann auch andere Ideen frei.

Leo: Wer darf Ihre neuen Texte und Werke als erstes lesen?

THiLO: Meine Texte lesen immer die Lektor/Innen als Erste nach mir. Früher habe ich meistens meinen Kindern sofort die fertigen Geschichten vorgelesen. Aber die sind nun alle schon zu alt für Kinderbücher und noch nicht alt genug, um wieder welche zu lesen. Manchmal, wenn ich Rat brauche, lese ich ihnen aber doch ein, zwei Kapitel vor. Und was sie mir sagen, setze ich um.

Leo: Zum Thema Leseförderung habe ich mal gehört, dass die Zahl der lesenden Kinder wieder steigt. Das finde ich gut. Was müsste man tun, um Kindern (und deren Eltern) das Thema „Lesen“ näherzubringen?

THiLO: Erstens natürlich von klein an Vorlesen, aber nicht so nebenbei, sondern am besten in kuscheliger Umgebung. Dann wird Lesen generell mit Wohlfühlen verbunden. Zweitens ist es gut, wenn die Eltern selbst lesen und ruhig auch mal sagen: „Ich kann gerade nicht, mein Buch ist so spannend.“ Das macht dann neugierig, was es mit diesen schwarzen Zeichen auf dem Papier auf sich hat. Und drittens sollte man als Eltern nicht in gute und schlechte Literatur einteilen. Comics sind genauso gut geeignet, ein Kind zum Leser zu machen, wie Bücher. Auch Eltern lesen ja nicht immer nur Goethe oder THiLO, sondern auch mal leichte Unterhaltung.

Leo: Welches Ihrer eigenen Bücher ist Ihr liebstes Buch? Mögen Sie eins mehr als alle anderen?

THiLO: Ich mag tatsächlich fast alle meiner Bücher immer noch sehr, sehr gerne. Das ist wie, wenn man viele Kinder hat: Alle sind verschiedenen, aber ich liebe sie alle gleich stark. Es gibt unter ihnen keines (jetzt meine ich wieder die Bücher), für das ich mich heute schäme (für meine Kinder sowieso nicht…)

Leo: Sie schreiben sehr viel. Wie lange benötigen Sie im Schnitt für ein Buchprojekt?

THiLO: Ich bin tatsächlich ein sehr schneller Schreiber. Und je weniger Zeit ich für ein Buch habe, desto besser wird es. Oft vergesse ich dann, was ich geschrieben habe und erkenne ganze Kapitel nicht wieder, wenn ich es gedruckt in Händen halte. Als Journalist mussten die Texte für die 12 Uhr Nachrichten um 11 Uhr 30 fertig sein, um 12 Uhr 1 konnte sie niemand mehr gebrauchen.

Leo: Ich habe auf Instagram bei Ihnen reingeschaut und bin erstaunt. Der Account ist mal so ganz anders, als der von anderen Autoren. Finde ich cool. Die meisten Instagram Accounts gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Kennt man einen, kennt man alle. Ihr Account ist ja noch relativ neu, wie kam es dazu? Weil alle einen haben und es zeitgemäß ist? Oder hatten Sie Langeweile während der Corona-freien Zeit? Wurden Sie etwa von Ihren Kindern dazu überredet? Wie viel Zeit investieren Sie in Ihre Social Media Aktivität?

THiLO: Langeweile habe ich nie. Aber mein Einstieg bei Instagram war eine Folge von anderen Projekten, die ich im Corona-April begonnen habe. Da allein in diesem Jahr 80 Lesungen von mir ausgefallen sind, habe ich einen Weg gesucht, um mit meinen Lesern, deren Eltern, BuchhändlerInnen und BibliothekarInnen in Kontakt zu bleiben. Meine Kinder haben mir dabei gute Tipps gegeben. Ich wollte einen Account haben, der meinen Abonnenten auch wirklich einen Gewinn bringt, nicht nur immer meine neusten Bücher in einem Karton zeigen. Ich erzähle etwas von mir, dazu gibt es schöne Bilder. Manchmal bin ich damit 15 Minuten beschäftigt, an manchen Tagen aber auch mal 3 Stunden.

Leo: Welchen ultimativen Tipp können Sie mir geben, damit das mit meinem Berufswunsch, Buchautorin zu werden, auch klappt?

THiLO: Oh, schwere Frage. Bei mir war es ganz leicht. Ich hatte vorher schon jede Menge Drehbücher fürs Kinderfernsehen geschrieben, Sesamstraße, Bibi & Tina, Schloss Einstein, Siebenstein und andere. Da hat mein erster Verlag natürlich Hurra! geschrien, als ich sie angerufen habe. Mein Tipp ist nur: Schreibe einfach weiter. Lass diese Geschichte liegen und beginne eine ganz neue. Und dann noch eine. Es wird automatisch immer besser.

Leo: Sie bieten auch Schreibworkshops an. Das klingt ziemlich interessant. Was sind das für Menschen, die da mitmachen? Sind wirklich alle schreibbegabt?

THiLO: Zu den Workshops kommen Menschen mit unterschiedlichstem Anspruch. Manche wollen in den nächsten 12 Monaten einen Bestseller in den Buchcharts haben, andere nur für ihre Nachfahren ihre Lebensgeschichte spannend aufschreiben. Manche haben schon Kurzgeschichten veröffentlicht, manche noch kein Wort zu Papier gebracht. Bei manchen wird es wahrscheinlich nicht zu einem Buchvertrag reichen, aber unbegabt zum Schreiben ist niemand. Ich zeige ihnen dann einige Tricks, das Handwerkszeug sozusagen. Viele kommen aber auch zu mir, um sich einfach eine Woche lang voll aufs Schreiben konzentrieren zu können. Bei meinen Workshops stört nichts, es gibt keinen Lärm, alle Teilnehmer waren ausnahmslos sehr nett und die Landschaft drumherum ist schön – und obendrein stehe ich mit Rat und Tat zur Seite.

Leo: Während der letzten Monate mussten wir alle unser Leben umstellen. Was haben Sie die letzten vier Monate gemacht? Hat sich für Sie viel geändert? Schreiben kann man ja auch trotz Corona, aber fehlen Ihnen die öffentlichen Auftritte bzw. Lesungen?

THiLO: Bei mir sind ab Mitte März alle Lesungen weggefallen. Plötzlich hatte ich unerwartet viel freie Zeit – um mal etwas Positives in dem Ganzen zu sehen. Wie Millionen andere Menschen auch war ich mit meinen Kindern den ganzen Tag zuhause. Da kam mir die Idee, einen Escape-Room zum Ausdrucken zu entwickeln. Die Lockdown-Agents sind kein Buch oder Spiel, das man am Tisch macht, sondern die ganze Wohnung wird in einen Escape-Room verwandelt. Alles, was man dazu braucht, ist in der PDF enthalten, die man auf www.thilos-gute-seite.de herunterladen kann. Das Thema war dann sofort in vielen Zeitungen und ich wurde zu Online-Workshops eingeladen – und das Abenteuer wurde bis jetzt schon fast 10.000 mal heruntergeladen.
Die öffentlichen Auftritte, besonders die Kontakte zu meinen LeserInnen fehlen mir natürlich. Aber ich nehme es so hin, wie es ist. Irgendwann komme ich zurück in die Schulen, Buchhandlungen und Bibliotheken und dann wissen alle diese Lesungen noch mehr zu schätzen.

Wer noch mehr über THiLO erfahren möchte, darf nun gerne zur Homepage des Autors springen. Dort findet ihr übrigens auch die Abenteuer der Lockdown-Agents.

Interview mit Laura Kneidl

Mit Romanen wie „Berühre mich. Nicht.“ und „Verliere mich. Nicht.“ hat sich Laura Kneidl bereits eine eigene Fangemeinde erschrieben. Die beliebte Autorin schreibt Romane über die Liebe, aber auch über alltägliche Herausforderungen und fantastische Welten. Inspiriert von ihren Lieblingsbüchern begann sie im Jahr 2009, selbst an ihrem ersten Roman zu arbeiten. Laura Kneidl schreibt aber nicht nur Bestseller, sie ist auch in sozialen Netzwerken aktiv, wo sie sich sehr gerne mit ihren Leserinnen und Lesern austauscht. Ich tausche mich auch gerne aus – gerne auch mal im realen Leben – deshalb war ich sehr erfreut, dass Laura Kneidl Zeit für ein Interview im Rahmen ihrer Lesung zu „Someone Else“ in Stuttgart hatte.

Leo: In deiner Bibliographie habe ich gesehen, dass du bereits sehr viele Bücher geschrieben hast. Ich muss zugeben, dass ich altersbedingt erst jetzt so langsam anfange, Jugendbücher für das Lesealter ab 14 Jahren zu lesen, denn meine Mutter meinte immer, dass ich mir noch Zeit lassen soll, bis ich reif genug dafür wäre. Das bin ich nun scheinbar und deshalb will ich jetzt von dir wissen, mit welchem Buch ich anfangen sollte. Welches ist dein persönliches Lieblingsbuch, das du selbst geschrieben hast?

Laura Kneidl: Ich mag alle meine Bücher sehr gerne, deswegen kann ich nicht sagen, welches mein Lieblingsbuch ist. Es kommt vor allem darauf an, was man lesen möchte, ob etwas Realistisches oder Fantasy. Wenn man realistische Bücher mag, dann wären „Someone New“ oder „Berühre mich. Nicht.“ die ersten Bücher, die ich empfehlen würde. Bei Fantasy hingegen, ist mein Debüt „Light & Darkness“ ein guter Einstieg, weil das mit ein paar Fantasy-Elementen gespickt ist. Oder auch „Herz aus Schatten“. Das wären die Jugendbücher, wenn man schon etwas älter ist, kann man auch „Die Krone der Dunkelheit“ lesen.

Leo: Erzähl doch mal, wie und wann du zum Schreiben und zum Beruf „Autorin“ kamst. Wolltest du schon immer Autorin werden oder hattest du früher andere Ziele und das Schreiben hat sich einfach nur so ergeben?

Laura Kneidl: Ich habe 2007 oder 2008 angefangen, zu schreiben. Das war, nachdem ich „Twilight“ gelesen habe. Die Bücher fand ich damals unglaublich toll und ich habe angefangen, Fan-Fictions über Jacob Black zu schreiben. Das hat mir viel Spaß gemacht. Danach habe ich immer mehr gelesen und irgendwann habe ich „Die Chroniken der Unterwelt“ von Cassandra Clare entdeckt und war einfach so begeistert, dass ich unbedingt eine eigene Geschichte erfinden und eine komplett eigene Welt erschaffen wollte. So bin ich zum Schreiben gekommen.
Ich habe dann einige Bücher geschrieben, Ideen verworfen und neue aufgegriffen. Meistens einfach nur zum Spaß – ohne den Gedanken zu haben, dass ich Autorin werde. Das hat so eine Weile angedauert, bis ich das  Manuskript von „Light & Darkness“ 2011 beendet habe. Das war der erste Text von mir, bei dem ich das Gefühl hatte, dass er funktioniert und auch gut ist, sodass ich ihn selbst gerne lesen würde und das wollte ich mit anderen teilen.
Das war der erste Moment, wo ich mir überlegt habe, dass ich Autorin werden könnte. Daraufhin habe ich das Buch an Verlage und Agenturen geschickt und es hat sich tatsächlich ein Verlag gefunden, der es veröffentlichen wollte, worüber ich mich sehr gefreut habe.

Leo: Diese Frage wurde dir sicherlich schon oft gestellt, aber welche Tipps kannst du jungen, heranwachsenden Autoren geben?

Laura Kneidl: Ganz, ganz wichtig ist das Lesen. Ich habe durchs Lesen so viel gelernt. Vor allem in der Anfangszeit habe ich versucht, mindestens 50 Bücher pro Jahr oder mehr zu lesen. Was auch sehr hilft ist der Austausch mit anderen Leuten. Das bedeutet, dass man, wenn man einen Text schreibt, sich einen Kritikpartner sucht, der den Text liest und einem sagt, dass beispielsweise eine bestimmte Stelle noch nicht ganz ausgereift ist. Ich habe meine Kritikpartner damals in Schreibforen gefunden, heute eignen sich dazu auch irgendwelche Facebook-Gruppen oder Wattpad-Communitys.
Das ist auf jeden Fall ein guter Tipp, aber wenn man wirklich Romane schreiben möchte, ist es, glaube ich, auch ganz wichtig, sich nicht ablenken zu lassen von irgendwelchen neuen Ideen, die einem kommen, sondern dass man sich eine Idee rauspickt, für die man wirklich brennt und das Buch auf jeden Fall dann auch fertigschreibt. In diesem Beruf ist es nämlich unverzeihlich wichtig, dass man Dinge fertigschreibt.

Leo: Wie sieht dein Arbeitsplatz aus? Wo schreibst du? Es gibt Autoren, die ihre Ruhe haben wollen und in einem Büro schreiben, andere wiederum schreiben sehr gerne in Cafés.

Laura Kneidl: Mein Arbeitsplatz? Äh… Ich schreibe auf der Couch. Wenn es wirklich ums neu schreiben geht. Wenn ich aber meine Texte überarbeite, im Lektorat oder im Korrektorat, Ideen ausarbeite oder Exposés schreibe, dann sitze ich an meinem Schreibtisch. Ich habe ein eigenes Arbeitszimmer und darin hängen alle Illustrationen, die ich irgendwie zu meinen Büchern bekommen habe. Auch die aus „Someone New“, „Someone Else“ und „Die Kronen der Dunkelheit“ hängen da, damit ich die auch immer angucken kann.

Leo: Cool! Gibt es so etwas wie einen typischen Arbeitstag?

Laura Kneidl: Einen typischen Arbeitstag gibt es nicht. Ich bemühe mich zwar, mir immer wieder Routinen anzugewöhnen und zu erarbeiten. Ich stehe immer zu einer relativ „normalen“ Zeit auf, wenn auch andere Menschen aufstehen, die arbeiten oder in die Schule gehen müssen. Dann setze ich mich hin und schreibe. Das mache ich, damit ich jeden Tag weiß, was zu tun ist. Allerdings ist es wirklich ein sehr abwechslungsreicher Job. Man denkt gar nicht, wie viel Zeit ich damit verbringe, Sachen zu machen, die gar nicht „Schreiben“ sind. Da kommen dann eben Interviews dazu oder auch Veranstaltungen. Manchmal kommen aber auch ganz unromantische Dinge hinzu, wie beispielsweise Bürokratie, also Rechnungen abheften und Buchhaltung. Es gibt dann aber auch solche Tage, an denen ich einfach nur dasitze und nachdenke über irgendwelche Geschichten. Daher gibt es keinen typischen Arbeitsalltag. Aber wie gesagt, versuche ich, Dinge regelmäßig zu machen, damit ich meine Sachen auch geschafft bekomme.

Leo: Du hast gerade gesagt, dass du an manchen Tagen einfach nur dasitzt und überlegst. Heißt das, du machst dir einen konkreten Plan und schreibst nicht einfach drauf los?

Laura Kneidl: Ja, ich plane sogar sehr, sehr ausführlich, was ich schreiben möchte. Bevor ich auch nur die erste Seite geschrieben habe, kenne ich die wichtigsten Szenen im Buch. Ich weiß auch, was mit den Protagonisten passiert, wann sich etwas ändert und wann der Protagonist etwas herausfinden wird und natürlich kenne ich auch das Ende. Ich muss wissen, worauf ich hinschreibe, so kann ich mich nicht in irgendwelches Geschwafel verlieren. Deswegen weiß ich immer sehr genau, um was es in den Büchern gehen wird.

Leo: Das könnte ich überhaupt nicht. Ich bin ein ziemlich ungeduldiger Mensch und ich schreibe eigentlich immer einfach drauf los.

Laura Kneidl: Ja, für manche funktioniert das richtig gut. Man sagt, dass es unter den Autoren die „Plotter“ gibt, die eben einen Plot haben und genau wissen, was sie tun und dann eben die „Pantser“, die einfach drauflosschreiben. Aber für beide funktioniert es total gut. Eine Methode von Dan Wells, die ich gerne benutze, ist die 7-Punkte-Struktur. Sie ist auch sehr simplen, denn die Methode besagt, dass jedes Buch aus sieben Punkten besteht und wenn man diese sieben Punkte hat, dann funktioniert die Geschichte. Und irgendwie stimmt das auch.

Leo: Wann kommen dir die besten Ideen?

Laura Kneidl: Meistens, wenn es gerade ziemlich unpassend ist. Also immer dann, wenn ich mich eigentlich auf andere Dinge konzentrieren sollte – und dann lass ich mich ablenken.

Leo: Und was machst du, wenn es beim Schreiben mal hakt, wenn dir gar nichts einfällt und du gar keine Idee hast?

Laura Kneidl: Ich muss sagen, was mir wirklich am allermeisten hilft ist, um nochmal auf das Thema Kritikpartner zurückzukommen, nochmal mit anderen Leuten über meine Ideen zu reden. Denn noch während ich darüber rede fällt mir meistens selbst schon eine Lösung ein.

Leo: Arbeitest du mehrgleisig an verschiedenen Büchern oder Projekten?

Laura Kneidl: Ich kann immer nur an einem Projekt schreiben, aber nebenbei denke ich natürlich noch über andere Ideen nach. Bei einem Kaffee am Morgen über eine Idee nachzugrübeln, das funktioniert schon, aber beim Schreiben fokussiere ich mich gerne.

Leo: Wer darf deine neuen Texte und Werke als erstes lesen?

Laura Kneidl: Das ist relativ unterschiedlich. Aber meistens bekommen die Lektoren in den Verlagen meine Texte als erstes zu lesen, ab und an, es hängt vom Projekt ab, habe ich noch Testleser, die es dann zuerst bekommen.

Leo: Hast du Lampenfieber vor Lesungen oder ist das eher so etwas wie ein entspanntes Lesen unter Freunden?

Laura Kneidl: Nein, es ist kein entspanntes Lesen. Ich bin ziemlich aufgeregt und wirklich sehr nervös. Die Sache ist die, dass ich total gerne über das Schreiben rede, ich beantworte auch die Fragen zu meinen Büchern sehr gerne, aber ich lese überhaupt nicht gerne vor. Aber das Lampenfieber verschwindet auch, sobald ich vor den Leuten sitze und einmal angefangen habe vorzulesen.

Leo: Das ist ähnlich wie bei mir. Ich bin bei uns in der Schule beim Musical und bevor man da auf die Bühne geht, ist man total aufgeregt und dann geht’s aber eigentlich.

Laura Kneidl: Eben. Dann hat man nämlich andere Sorgen und muss sich konzentrieren.

Leo: Du bist Katzenliebhaberin und einige andere Autorinnen auch. Erzähl mal, wie kam es dazu, dass du dir mit Tanja Voosen und Tami Fischer den Account @writerscats auf Instagram zugelegt hast?

Laura Kneidl: Ich weiß gar nicht mehr, wie das genau kam. Mit Tanja Voosen habe ich schon mal darüber geredet, dass es cool wäre, einen Instagram-Account für unsere Katzen zu machen. Wir beide lieben es, Fotos von unseren Katzen zu machen. Mindestens 80% meiner Fotos auf dem Handy sind von meinen Katzen. Aber ich kann die natürlich nicht alle auf meinem Autorenprofil teilen, denn das wäre für manche vielleicht ein bisschen zu viel an Katzenfotos. Wir beide haben dann ein bisschen darüber geredet, aber nicht so direkt konkretisiert. Dann hat Tami Fischer ihre zwei Katzen bekommen und natürlich hat sie auch sofort damit angefangen, nur noch Bilder von den beiden zu machen. Sie war es, die ohne groß Nachzudenken den Account dann erstellt hat. Und so können wir immer wieder, wenn wir gerade Lust haben, Bilder von unseren Katzen dauerhaft teilen.
Ich selber habe in meinem Autoren-Feed keine privaten oder persönlichen Fotos drin, sondern wirklich nur welche zu meinen Büchern und auch zu meinen Projekten oder zum Schreiben allgemein. So kann man die Katzenbilder aber auch ein bisschen besser verewigen.

Leo: Die Kinder- und Drehbuchautorin Vanessa Walder schickt mir oft per WhatsApp Bilder ihrer Katze. Sie selbst hält nicht viel von Social Media, aber vielleicht sollte ich ihr vorschlagen, einen Account für ihre Katze zu eröffnen. Auf Instagram ist ja heutzutage alles möglich. Ich verliere mich sehr oft und vergesse dabei ganz die Zeit. Wie ist das bei dir? Ist Social Media ein Fluch oder ein Segen?

Laura Kneidl: Beides. Es stimmt, es kann sehr zeitraubend sein und manchmal verliert man sich darin. Man will nur einmal kurz in Instagram reinschauen, und plötzlich ist eine ganze Stunde vergangen. Das ist dann natürlich nicht so schön. Aber man kann sich so leicht mit seinen Lesern austauschen und wundervolle Bilder zu seinen Büchern betrachten. Ich liebe es auch, mir einfach irgendwelche Hashtags über Schottland, vor allem aber auch über Edinburgh, anzusehen. Ich glaube, dass man immer die Balance finden muss. Gerade beim Schreiben finde ich es dann aber wichtig, mein Handy in ein anderes Zimmer zu legen – damit dieser Griff von der Tastatur zum Handy nicht so leicht ist.

Leo: Hast du bereits als Kind schon gerne gelesen?

Laura Kneidl: Ich habe gelesen, aber ich muss sagen, dass das tatsächlich nicht besonders viel war. Ich habe gerne die Gänsehaut-Bücher gelesen, aber ich war generell nicht so begeistert von Büchern. Das kam tatsächlich erst mit „Twilight“. Also mit 17 oder 18 Jahren.  

Leo: Kannst du dich an dein liebstes Kinderbuch erinnern?

Laura Kneidl: Das ist eine gute Frage. Ich muss tatsächlich sagen, dass das Märchenbücher waren. An all diese ganzen Klassiker, die man so vorgelesen bekommen hat, erinnere ich mich am liebsten zurück. Das waren so die Bücher meiner Kindheit.

Leo: Hattest du schon einmal eine Anfrage für eine Verfilmung deiner Bücher?

Laura Kneidl: Noch habe ich keine konkrete Anfrage bekommen, aber ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn irgendwann eins meiner Bücher verfilmt werden würde.

Leo: Und welche Schauspieler würdest du dann gerne in deinem Film mitspielen lassen?

Laura Kneidl: Ich habe da jetzt keine konkreten Schauspieler im Kopf. Es gibt natürlich Schauspieler, die ich einfach sehr gerne mag. Ich mag zum Beispiel Wentworth Miller, der in der Serie „Prison Break“ mitgespielt hat, gerne. Ganz aktuell aus dem Film „Joker“ mag ich Joaquin Phoenix, den fand ich auch in „Walk the Line“ toll.

Leo: Angenommen, du hättest einen Wusch frei, welcher wäre das?

Laura Kneidl: Nur einen Wunsch? Mehr Wünsche!

Leo: Das sagt meine Schwester auch immer. Das ist tatsächlich ein sehr kluger Gedanke.

Laura Kneidl: Ja. Aber ich glaube, ich würde mir einfach generell wünschen, dass es für alle gut weitergeht. Was immer das auch bedeuten mag. Ich wünsche mir, dass alles gut bleibt und alle gesund sind.

Leo: Wenn du dein Leben mit jemandem tauschen könntest, wer wäre das?

Laura Kneidl: Mit meinen Katzen. Das wär‘ das ultimative Leben! Die ganze Zeit nur schlafen und fressen und gestreichelt werden. Bestes Leben!

Dem möchte ich in keiner Weise widersprechen, denn das klingt nach einem perfekten Leben! 😉

Interview mit Ralph Caspers

Bereits vor einem Jahr hatte ich das Vergnügen, einer Lesung von Ralph Caspers lauschen zu dürfen. Ich kann euch sagen, ein wahrhaftiges Vergnügen – nicht nur für die kleinen Zuhörer! Ich habe mittlerweile schon unzählige Lesungen besucht, aber keine war so lustig wie die von Ralph Caspers. Ob Groß oder Klein, alle Augen strahlten am Ende. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Ralph Casper nun sogar mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande für sein Engagement für die Bildung ausgezeichnet wurde. Als Moderator der Sendung mit der Maus“ und Wissen macht Ah!“ erklärt er uns Kindern Interessantes und Wissenswertes aus der ganzen Welt und das nicht nur lustig und urkomisch, sondern tatsächlich auch lehrreich. Klar, dass ich nun die Gelegenheit genutzt habe, um noch mehr über ihn zu erfahren.

Leo: Liest du eigentlich gerne?

Ralph: Ja, sehr gerne.

Leo: Und was war dein Lieblingsbuch in der Kindheit?

Ralph: Das kann ich gar nicht so genau sagen. Ich habe früher total viel gelesen. Natürlich habe ich sowas wie „Die drei ??? oder „TKKG und „Burg Schreckenstein, diese typischen Kinder- und Jugendbücher gelesen. Und ich habe total gerne „Edgar Allen Poe gelesen. Es war nämlich so, dass wir bei irgendeinem Familienfest waren, da war ich so alt wie du, gerade 10 und mir war wahnsinnig langweilig, weil die Familienfeste früher einfach so unglaublich langweilig waren. Das war bei meinem Onkel und da bin ich einfach zum Bücherschrank gegangen, habe geschaut, was es da für Bücher gibt und habe da irgendein Buch herausgezogen. Das war eben von Edgar Allen Poe und aus diesem Buch habe ich dann Geschichten gelesen. Die waren echt super! Und seitdem bin ich ein großer Edgar Allen Poe-Fan.

Leo: Und was ist heutzutage dein Lieblingsbuch?

Ralph: Heutzutage? Hmm…

Leo: Es kann auch dein eigenes sein. 😉

Ralph: Ja, natürlich ist mein eigenes Buch mein Lieblingsbuch. Das Tolle ist ja, wenn man ein eigenes Buch hat, dann kann man genau die Geschichten schreiben, die man selbst lesen möchte oder die Geschichten, die man selber gerne vorlesen möchte. Das ist schon echt angenehm. Ansonsten habe ich nicht unbedingt DAS Lieblingsbuch. Das wechselt immer. Ich versuche immer, das Buch, das ich gerade lese, am liebsten zu lesen.

Leo: Wie bist du eigentlich zum Bücherschreiben gekommen?

Ralph: Aus Langeweile. Ich habe meiner Tochter immer Sachen vorlesen müssen zum Einschlafen. Als sie ganz klein war, war das eben hauptsächlich Conni. Und Conni wird irgendwann echt langweilig.

Leo: Ich erhebe Einspruch. Conni ist echt genial! Es gibt z.B. auch eine Conni 15-Reihe, d.h., man kann es von klein bis groß lesen.

Ralph: Ja, aber es ist echt nicht toll, wenn man fünfzehnmal hintereinander „Conni geht zum Zahnarzt oder „Conni kommt in den Kindergarten liest. Dann ist es mir passiert, dass ich die Bücher schon auswendig konnte und beim Vorlesen eingeschlafen bin. Trotzdem habe ich aber weitergesprochen, weil ich sie eben schon auswendig konnte. Irgendwann habe ich selbst Sachen dazuerfunden. Das kam aber nicht so gut an. Dann habe ich Conni weggelegt und gesagt „Ich erzähle dir jetzt was ganz anderes. Also habe ich was ganz anderes erzählt. Das waren nach einer Weile aber so viele Geschichten, dass ich diese nur noch aufschreiben musste.

Leo: Wem liest du als Erstes deine Texte vor?

Ralph: Mir. Beim Schreiben. Und dann lach‘ ich mich meistens kaputt. Aber ansonsten kommt es darauf an, was es für Texte sind. „Wissen macht Ah!-Texte, die ich ja auch schreibe, die lese ich nur mir vor. Aber wenn ich Geschichten schreibe, dann sind meine Kinder eigentlich die ersten, denen ich davon erzähle und das dann vorlese.

Leo: Du machst ja Lesungen mit Kindern. Fällt dir dazu spontan ein Erlebnis ein?

Ralph: Ja, da fallen mir viele ein. An was hast du denn gedacht?

Leo: Vielleicht an was Witziges?

Ralph: Das, was ich da immer vorlese, sind ja Gute-Nacht-Geschichten. Und ich versuche immer, so langweilig und monoton wie nur möglich vorzulesen, damit alle einschlafen. Das ist mir bis heute aber noch nicht geglückt.

Leo: D.h., das ist dein Ziel bei deinen Lesungen?

Ralph: Ja. Mein Ziel ist es, dass alle einschlafen. Ich arbeite daran und vielleicht klappt es ja hier bei dieser Lesung. Das Schöne ist ja, dass die Chance, je später man liest, steigt, dass die Leute schon müde sind. Aber wir werden es ja sehen, ob heute jemand einschläft. Also ist es vollkommen okay, wenn du einschläfst. Ich nehme es nicht persönlich.

Lesung vom 07. Dezember 2019 in Stuttgart aus dem Buch „Wenn Riesen reisen“

Leo: Gibt es bei dir so etwas wie einen typischen Arbeitstag?

Ralph: Ja, den gibt es. Wenn ich für „Wissen macht Ah! arbeite, sieht mein typischer Arbeitstag so aus, dass ich um 9 Uhr im Studio anfange. Dann mache ich erst mal eine Besprechung mit allen Leuten, die irgendwie mithelfen, wie der Drehtag aussehen soll. Anschließend werde ich geschminkt, während die dann schon mal die erste Moderation einrichten, also das Licht aufbauen, die Requisiten hinstellen und so. Wenn Clarissa und ich dann fertig sind, gehen wir ins Studio und machen eine Probe mit Kamera, Ton und allen Requisiten. Das wiederholt sich dann ein paar Mal, bis eine ganze Sendung fertig ist. Zusammen sind das sechs Moderationen, die sich wiederholen. Am Abend gegen 18 Uhr schminke ich mich dann ab und fahre nach Hause. Das ist dann so der typische Arbeitstag, wenn ich für „Wissen macht Ah! im Studio bin. Wenn ich aber schreibe und nicht ins Studio fahre, dann gibt es keinen typischen Tag. Manchmal bleibe ich einfach im Bett liegen. Manchmal stehe ich auf, ziehe mich aber nicht an und schreibe in der Küche. Manchmal setzte ich mich an meinen Schreibtisch. Manchmal fahre ich ins Büro und arbeite da. Manchmal gehe ich mit dem Hund spazieren und überlege mir da neue Geschichten. Manchmal fahre ich irgendwo hin und lese vor. Es gibt also keinen typischen Arbeitstag, den ich jeden Tag habe.

Leo: Welche Arbeit magst du am meisten? Bücher schreiben, im Studio drehen oder die Arbeit zusammen mit Kindern und Jugendlichen, denen du etwas beibringen oder auch vorlesen kannst?

Ralph: Ich mag alles. Also, ich kann nicht sagen, was ich lieber mag. Tut mir leid.

Leo: Ist ja aber auch schön, wenn dir deine Arbeit Spaß macht.

Ralph: Ja, das finde ich auch! Ich habe kein Hobby. Hobbys sind ja immer solche Sachen, die man braucht, um den Arbeitstag zu kompensieren, damit man da einen Ausgleich hat. Aber weil meine Arbeitstage immer so schön sind, brauche ich keine Hobbys zum Ausgleich.

Leo: Ich brauch‘ meine Hobbys, damit mir nicht langweilig wird. Ich hasse es, wenn ich Freizeit und nichts zu tun habe.

Ralph: Aber ehrlich gesagt, finde ich Langeweile total angenehm. Als ich angefangen habe, zu studieren, hat der Rektor der Hochschule gesagt „Ihr habt hier alles, was ihr euch vorstellen könnt. Ihr habt die neuesten Geräte und ihr habt eine Codekarte, mit der ihr – egal, wann euch die Muse küsst – zu uns an die Hochschule kommen und eure Arbeiten machen könnt. Das war nämlich eine Kunsthochschule. „Ihr könnt jederzeit hier rein und euch auch zu Tode arbeiten, hat der gesagt, „aber das Allerwichtigste, das, was ihr niemals vergessen dürft, ist, dass ihr regelmäßig die weiße Wand anstarren müsst Und das fand ich – ich bin ja eher faul – sehr angenehm. Ich dachte mir damals, dass endlich jemand sagt, dass es völlig okay ist, nichts zu tun. Das mache ich eigentlich auch total gerne. Natürlich tue ich nicht nichts, weil man ja trotzdem denkt. Oder selbst wenn man nicht das Gefühl hat, dass man denkt, arbeitet das Gehirn trotzdem irgendwie weiter. Bei mir zumindest ist es oft so, dass ich, wenn ich nicht weiß, was ich schreiben soll, das okay finde und einfach was anderes mache. Ich fange z.B. an, zu zeichnen oder ich mache eben gar nichts. Irgendwann ist es dann so wie bei einer Mikrowelle. Wenn man ein Fertiggericht in die Mikrowelle reingetan hat und die Mikrowelle anschaltet, macht es irgendwann „Pling! und es ist fertig. Genauso ist es auch, wenn ich über etwas nachdenke und keine Lösung habe. Ich mache etwas anderes und vergesse es bald, aber mein Gehirn arbeitet weiter daran. Und irgendwann macht es dann eben „Pling! und dann muss ich es nur noch aufschreiben und dann war’s das.

Leo: Wenn ich nichts tue, dann kommen mir immer die verrücktesten Ideen. Dann fange ich sogar manchmal an, ohne Anforderung mein Zimmer aufzuräumen.

Ralph: Das ist krank. Wenn ich müde bin und wenn mir langweilig ist – langweilig ist mir oft, wenn ich eine stupide Arbeit habe oder irgendwo zu Gast bin – dann mache ich meistens Unsinn und Quatsch. Die Leute sind dann meistens sehr irritiert, aber das ist auch sehr lustig. Bei Müdigkeit und Langeweile passiert das bei mir häufig. Da habe ich oft auch am meisten Spaß.

Leo: Warst du früher in der Schule der typische Klassenclown?

Ralph: Nein. Ich war in der Schule total unauffällig. Ich glaube, die meisten Lehrer erinnern sich gar nicht mehr an mich, weil ich so unauffällig war. Ich war immer sehr blass, meine Hautfarbe entsprach der weiß getünchten Wand. Ich konnte super Mimese machen, also ich konnte praktisch eins werden mit meiner Umgebung und keiner hat mich bemerkt. Darin war ich echt gut.

Leo: Wie bei Harry Potter dieser Zauberumhang, mit dem man unsichtbar wird.

Ralph: Ja, genau so. Ich brauchte nur keinen Umhang, dafür habe ich selbst gereicht.

Leo: Was fällt dir als erstes ein, wenn du an deine Abi-Zeit zurückdenkst?

Ralph: Ich glaube, das Schönste war das Austauschjahr, das ich in der elften Klasse in den USA gemacht habe. Das war super!

Leo: Cool!

Ralph: Aber ansonsten fallen mir als erstes die Leute ein, mit denen ich Abi gemacht habe. Mit den meisten meiner Freunde, das sind zwar nicht so viele, aber mit denen habe ich immer noch Kontakt. Das war echt schön. Ich fand die Abi-Zeit eigentlich ganz angenehm. Wenn man Abitur macht, ist es ja eigentlich so, dass man weiß, wann die Klausuren sind und man teilt sich den Lernstoff ein bisschen ein.

Leo: Auch wenn ich weiß, wann ich meine Arbeiten schreibe, lerne ich eh nicht drauf.

Ralph: Ja, das ist das große Problem. Das habe ich auch nicht gemacht. Ich habe meistens in der Nacht vorher versucht, irgendwie noch was zu lernen…

Leo: Genau das mache ich auch immer.

Ralph: Das Problem dabei ist, dass man nie, wenn’s immer klappt und funktioniert, die Motivation hat, etwas zu ändern.

Leo: Das sagt meine Mutter auch immer zu mir.

Ralph: Aber das ist echt doof. Wichtig ist aber, dass man irgendwann auch auf die Arbeiten lernt. Dass man lernt, wie man sich Sachen einprägt und im Gedächtnis behält. Irgendwo kommt nämlich ein Punkt, an dem sich nicht mehr durchwurschteln kann. Tja…

Leo: Genau so klingt meine Mutter immer!

Ralph: Ja. Die hat Ahnung.

Leo: Stell‘ dir mal vor, du wärst noch einmal 18. Was würdest du nach dem Abi machen? Würdest du etwas anders machen?

Ralph: Nein. Ich fand es nach dem Abi immer richtig schlimm, dass ich nicht wusste, was ich machen sollte. Aber jetzt, rückblickend betrachtet, war das total gut, dass ich überhaupt keinen Plan hatte. Dadurch habe ich nämlich das alles gemacht, was ich gemacht habe und sitze jetzt hier. Und das ist ganz schön.

Leo: Hast du deine Karriere also nicht geplant? Bist du da also eher irgendwie „reingerutscht?

Ralph: Ja. Ich habe überhaupt nichts geplant. Es war ein Zufall nach dem anderen und ich bin einfach nur immer weitergerutscht. Das Tolle, wenn man keinen Plan und kein Ziel vor Augen hat, ist, dass man dann eher guckt, was sich rechts und links vom Weg noch so ergibt. Dann hat man nicht immer so einen Tunnelblick und ist ganz auf das Ziel fixiert. So ein Tunnelblick sorgt dafür, dass man gar nicht richtig mitbekommt, was sich neben einem noch ergibt. Wenn man aber keinen Plan hat – zumindest war das bei mir so – dann habe ich immer geguckt, was sonst noch so da ist und habe Sachen gesehen, die ich sonst vielleicht gar nicht bemerkt hätte. So konnte ich jede Gelegenheit, die sich so ergab, beim Schopfe greifen.

Leo: Wann wurde daraus ein konkreter Berufswunsch?

Ralph: Ich hatte nie einen konkreten Berufswunsch. Ich wollte auch nie Moderator werden, das ist einfach so durch Zufall passiert. Ich glaube, man muss viele Sachen ausprobieren. Es gibt ja eine große Anzahl an Tätigkeiten, die man gerne macht, aber da ist man nicht unbedingt überall gut drin. Dann gibt es wiederum Sachen, die kann man gut, aber die macht man nicht gerne. Ich kann z.B. sehr gut Zimmeraufräumen, aber ich hasse es. Ich mache das nicht sehr gerne. Auf der anderen Seite backe ich total gerne, aber das kann ich nicht so besonders gut. Aber wenn man viele Sachen ausprobiert, dann hat man irgendwann eine Schnittmenge. Dann findet man irgendwann etwas, das man gern macht und das man gut kann. Und wenn man das gefunden hat, dann ergibt sich der Rest meistens von ganz alleine.

Leo: Heutzutage kennen dich sehr viele Kinder, teilweise auch Jugendliche oder auch Erwachsene. Wie fühlt sich das an?

Ralph: Die Menschen, die die Sendungen gucken, die ich mache, die sind sehr nett und sehr offen und freundlich. Das bedeutet, dass es, wenn ich angesprochen werde, immer sehr positiv ist.

Leo: Wirst du oft auf der Straße angesprochen?

Ralph: Ich bin sehr schnell. Ich habe sehr lange Beine und gehe meistens sehr zielstrebig irgendwo hin. Dann bin ich meistens zu schnell wieder weg, als das mich jemand abfangen könnte.

Leo: Träumst du manchmal von deinen Buchfiguren?

Ralph: Nein, bisher habe ich das noch nicht getan. Na ja, sagen wir es anders. Wenn ich träume, dann sind das manchmal Geschichten. Die wandle ich dann um und die kommen dann ins Buch rein.

Leo: Kommen dir also im Schlaf die besten Ideen?

Ralph: Im Schlaf kommen einem gute Ideen. Zumindest denkt man, dass sie gut sind. Dann schreibt man das aber auf, guckt am nächsten Morgen auf den Zettel, den man beschrieben hat und denkt sich, dass das total langweilig ist. Im Schlaf wirken die Sachen also immer viel, viel besser. Manchmal ist aber trotzdem eine gute Idee dabei. Oder eben ein Bild, das toll ist und aus dem man was machen kann. Ansonsten kommen mir die Ideen einfach immer und überall. Alles, was ich erlebe, hat das Potenzial, mich zu einer Idee für eine Geschichte oder eine Moderation zu bringen. Das ist wirklich das Tolle an den Sachen, die ich mache. Denn alles bringt mich irgendwie einen Schritt weiter.

Leo: Mir ist neulich aufgefallen, dass du den „Atlas Obscura auf CD eingesprochen hast. Man merkt, dass dir das liegt und dass du das gerne machst.

Ralph: Das macht einfach total Spaß! Ich mache das bei „Wissen macht Ah! oder auch bei der „Sendung mit der Maus auch. Da vertone und spreche ich die Beiträge und irgendwie ist das eine total schöne Arbeit. Man kann einfach reden und erzählen und ich erzähle ganz gerne.

Leo: Das merk‘ ich!

Ralph: Oh Gott! Ich rede zu viel, oder?

Leo: Nein, nein. Das passt schon!

Ralph: Gut.

Leo: Wie lange musstest du dich fürs Einlesen des „Atlas Obscura vorbereiten?

Ralph: Ähm… Das muss jetzt aber unter uns bleiben! Beim „Atlas Obscura habe ich einfach so abgelesen. Da habe ich mich überhaupt nicht vorbereitet. Ich wollte mir das Buch vorher mal durchlesen, aber da gab es das noch nicht. Und dann habe ich das vergessen. Aber die Texte sind ja sehr gut geschrieben und die kann man auch sehr gut lesen, insofern ist das nicht so schlimm. Wenn ich anspruchsvolle Literatur sprechen würde, dann müsste ich mich anders vorbereiten.

Leo: Wenn du dein Leben mit jemandem tauschen müsstest, wer wäre das?

Ralph: Das kann ich so spontan gar nicht sagen. Aber ich glaube, dass es mal ganz interessant wäre, mein Leben mit einer Frau zu tauschen, weil ich glaube, dass die Welt da ganz anders aussieht und ganz anders auf einen reagiert. Es wäre natürlich aber auch schön, wenn man das wieder rückgängig machen könnte. Ansonsten müsste ich da erstmal überlegen. Mit wem würdest du denn tauschen?

Leo: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, denn es gibt viele tolle Menschen, aber es kommt natürlich immer darauf an, wie lange das anhält.

Ralph: Genau, das stimmt.

Leo: Erzähle mir doch zum Schluss noch deinen Lieblingswitz!

Ralph: Ich habe viele Lieblingswitze. Aber einer meiner Lieblingswitze ist der da: Ein Huhn steht an einer Straße und sieht auf der anderen Straßenseite ein anderes Huhn und fragt das Huhn: „Hey! Wie komm‘ ich rüber auf die andere Seite? Worauf das andere Huhn antwortet: „Du bist auf der anderen Seite!Okay, der war jetzt wohl nicht so lustig. Gut, ein anderer. Wusstest du das Jungs schlauer sind als Mädchen?

Leo: Wieso?

Ralph: Mist! Du hättest sagen müssen: „Nee, wusste ich nicht! Dann hätte ich gesagt: „Siehst du? Aber eigentlich gehört der Witz eigentlich anders herum: Die kleine Schwester sagt zu ihrem großen Bruder: „Wusstest du, dass Mädchen schlauer sind als Jungs? Der dann so: „Nee, wusste ich nicht! und sie dann so: „Siehst du?

Leo: Ich selbst kann zwar sehr schlecht Witze erzählen, aber mein Lieblingswitz ist: Was sagt der große Stift zum kleinen Stift? Wachs-Mal-Stift!

Ralph (lacht): Sehr gut!

Abschließend kann ich nur sagen, dass nicht nur die Lesungen von Ralph Caspers der absolute Wahnsinn sind, sondern auch das Interview. Es war herrlich lustig und sogar mein 13. Interview im Jahr 2019. Mal schauen, was das neue Jahrzehnt noch so alles mit sich bringt. Ich kann es kaum erwarten.