Als ich hörte, dass Sina Flammang zu den Stuttgarter Buchwochen kommt und aus ihrem Buch „Die drei !!!: Kims Tagebuch“ liest, war ich Feuer und Flamme. Sina Flammang arbeitet als Drehbuchautorin und schreibt außerdem Romane und Kurzgeschichten. 2011 erhielt sie den Förderpreis Junge Ulmer Kunst in der Sparte Literatur und war 2014 mit „Mädchen aus Papier“ für den Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg nominiert. 2016 gewann sie mit der Mystery-Serie „Halbstark“ den Förderpreis zur Weiterentwicklung der „Initiative Fernsehen aus Thüringen“. Ich bin so glücklich, dass sie sich nach der Lesung noch mit mir zusammengesetzt hat, um mir Antwort auf meine unzähligen Fragen zu geben.
LEO: Erzähl doch mal, wie und wann du zum Schreiben und zum Beruf „Autorin“ kamst.
SINA: Ich habe eigentlich immer schon Lust gehabt, zu schreiben und ich hatte auch schon immer Interesse an Büchern. Auch als ich noch nicht schreiben konnte, habe ich immer die Buchstaben aus den Bilderbüchern abgeschrieben und wollte wissen, was das heißt. Und als ich dann schreiben gelernt habe, habe ich gemerkt, dass mich das erfüllt und dass das irgendwie etwas ist, woran ich Spaß habe. Dann habe ich angefangen, Geschichten in Schulhefte zu schreiben. Die habe ich auch noch alle in einem total überfüllten Koffer. Ich habe aber immer ganz viel gelesen und ich habe mich immer gefragt, ob ich überhaupt Autorin werden kann und ob das wirklich geht, weil ich eben so viele Autoren so bewundert habe. Irgendwann habe ich dann Literaturwissenschaften studiert und immer noch ganz viel gelesen. Dann habe ich gemerkt, dass ich schreiben möchte und mich daraufhin bei der Filmhochschule beworben. Da musste man eine Kurzgeschichte abgeben und ich wurde tatsächlich angenommen.
LEO: Wie viele Bücher hast du mittlerweile schon geschrieben?
SINA: Ich habe inzwischen drei Bücher geschrieben. „Kims Tagebuch“ ist mein drittes. Davor habe ich das Buch „Die drei !!! – Das Buch zum Film“ und das Jugendbuch „Mädchen aus Papier“ geschrieben. „Mädchen aus Papier“ war auch das Buch, das ich beim Wettbewerb eingereicht habe.
LEO: Wie viele Lesungen hast du mittlerweile gehalten?
SINA: Ich habe damals bei dem Wettbewerb eine Lesung gehalten, dann diese hier und außerdem noch zwei Schülerlesungen. Jetzt sind es also insgesamt vier. Noch nicht so viele. Deswegen habe ich auch meinen Spickzettel dabei und die ganze Zeit draufgeschaut.
LEO: Das hat man aber gar nicht gemerkt.
SINA: Puh! Zum Glück!
LEO: Wie unterscheidet sich das Schreiben der jeweiligen Bücher, also normale Bücher und Drehbücher?
SINA: Es unterscheidet sich total. Eigentlich ist es so, dass Drehbücher immer eine Vorlage für einen Film sind. Irgendwer muss das alles später deswegen auch umsetzen. Darum muss man beim Drehbuchschreiben auf viel mehr Sachen achten. Z.B. auch, ob gewisse Sachen sehr teuer sind. Ich kann also nicht einfach eine Szene schreiben, in der es gewittert, in Strömen regnet und Kinder nachts auf dem Feld stehen. Das wäre zum Beispiel eine total teure Szene, weil man den Regen und, da es Nacht ist, auch Licht machen muss. Mit Kindern in der Nacht ist es auch schwierig. Das sind Szenen, die, wenn ich sie ins Buch schreibe, völlig egal sind. Deswegen mag ich es bei „normalen“ Büchern, dass es diese gewisse „Freiheit“ gibt. Da kann man alles hinschreiben und sich ausdenken, was man will. Beim Drehbuchschreiben ist das eben ein bisschen schwieriger. Dafür mag ich es beim Drehbuchschreiben aber, dass man später den Film sieht. Da arbeiten auch so viele Leute mit – eine richtige Teamarbeit. Bei einem Buch hingegen arbeitet man eher alleine. So gleicht sich das alles aber auch wieder aus.
LEO: Du hast gerade gesagt, dass du darauf achten musst, dass die Szenen nicht zu teuer werden. Ist es dir denn schon einmal passiert, dass du eine oder mehrere Szenen komplett umschreiben musstest, weil sie eben viel zu teuer war oder so nicht umgesetzt werden konnte?
SINA: Ja, das kommt schon öfter vor, dass es am Ende heißt, dass man auf die und die Szene eben verzichtet, weil sie viel zu teuer ist. Oder man überlegt sich, ob man das nicht günstiger machen kann. Man kann zum Beispiel auch sagen, dass das anstatt in der Nacht am Tag spielt. Oder es spielt zum Beispiel drinnen anstatt draußen. Oder vielleicht auch, ob es wirklich regnen muss. Möglicherweise kann man aber auch das Geräusch des Regens vortäuschen. Wenn die Szene drinnen spielt, geht das sehr gut.
LEO: Wie sieht dein Arbeitsplatz aus? Gibt es einen speziellen Arbeitsplatz?
SINA: Das ist ganz unterschiedlich. Ich mache zwar viel zuhause an meinem Schreibtisch, aber wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass ich ein bisschen raus und Leute sehen muss, dann gehe ich in ein Gemeinschaftsbüro, in dem man sich tageweise an einen Tisch setzen kann. Dann habe ich auch ein paar Leute um mich herum. Da habe ich meistens aber auch Kopfhörer auf, weil man sich ja trotzdem irgendwie konzentrieren muss.
LEO: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
SINA: Hm, mal überlegen. Also, ich stehe auf und ich versuche möglichst pünktlich aufzustehen, damit ich auch ein bisschen in die Gänge komme. Denn vor allem wenn man lange gelesen hat, dann ist man ja auch versucht, länger zu schlafen. Dann frühstücke ich und dann schreibe ich etwas. Meistens mache ich irgendwann Mittagspause und treffe mich mit irgendwem. An den Nachmittagen ist oft nicht mehr das direkte Schreiben dran, sondern eher so etwas wie „Recherchieren“. Da recherchiere ich oft zu irgendwelchen Themen für das aktuelle Buch oder das aktuelle Drehbuch. Morgens ist für mich also immer die beste Zeit zum Schreiben.
LEO: Wie kommst du auf deine zahlreichen Ideen?
SINA: Ich weiß es nicht! Die kommen einfach. Man geht einfach so ein bisschen durch die Welt und schaut und beobachtet. Manchmal inspirieren einen dann irgendwelche Sachen. Dann entwickelt sich das alles so.
LEO: Wann kommen dir die besten Ideen?
SINA: Die besten Ideen überraschen einen meistens. Die kommen immer dann, wenn man nicht damit rechnet. Z.B. sitzt man auch manchmal da und schreibt an einem Drehbuch. Ich schreibe das ja manchmal mit anderen Leuten zusammen. Dann sitzt man aber da und weiß nicht, wie es weitergehen soll und hängt irgendwo fest und hat keine gute Idee dafür. Dann ist es manchmal aber so, dass man unter der Dusche steht und plötzlich fällt einem etwas ein. Oder man steht auf, geht auf den Balkon und hat einen Geistesblitz.
LEO: Und was machst du dann aber, wenn dir gar nichts einfällt und du gar keine Idee hast?
SINA: Dann ist es auch manchmal gut, wenn man alles zur Seite legt und eine Pause macht oder einen Spaziergang oder man schaut einen Film oder irgendetwas, das einen inspiriert. Oder man liest etwas, was man echt toll findet. Es hilft aber auch oft, mutig zu sein und sich zu sagen: „Jetzt mach ich das!“.
LEO: Wer darf deine neuen Texte und Werke als erstes lesen?
SINA: Ganz oft darf das mein Freund machen, aber auch eine gute Freundin von mir, mit der ich auch oft zusammen schreibe. Die ist nämlich auch Drehbuchautorin.
LEO: Ich lasse gerne meine Mutter einen Blick auf meine Geschichten werfen, denn ihre Kritik ist ehrlich, sodass ich mich darauf verlassen kann, ob die Geschichte wirklich gut ist oder ob ich mich in etwas verrenne, was ich lieber bleiben lassen sollte.
SINA: Ja. Das ist auch ganz wichtig. Die Kritik sollte ehrlich sein.
LEO: Was war denn dein Lieblingsbuch in der Kindheit?
SINA: Das ist eine schöne Frage. Mein Lieblingsbuch in der Kindheit war immer „Der goldene Kompass“. Das Buch habe ich geliebt. Ich habe das echt oft gelesen. Das mochte ich echt gerne. Das ist mein Klassiker für alle Zeiten. Kennst du das?
LEO: Nein, noch nicht.
SINA: Das musst du mal lesen. Das ist toll!
LEO: Das werde ich machen! Welche Bücher gehören denn heute zu deinen Lieblingsbüchern?
SINA: Wenn man so viele Bücher gelesen hat, ist es sehr schwierig, sich zu entscheiden. Es gibt eher Autoren, die ich sehr gerne mag. Aber ich lese auch immer noch sehr gerne Kinder- und Jugendbücher, weil ich es auch sehr interessant finde, was andere Autoren in dem Bereich schreiben. Es gibt auch eine irische Autorin, die heißt Sarah Crossan, die mag ich auch total gerne und die hat auch tolle Bücher geschrieben. Und sonst lese ich eben Erwachsenenbücher. Da gibt es zu Beispiel auch einen Autor, der heißt Wolfgang Herrndorf, den mag ich auch ganz gerne.
LEO: Welches deiner eigenen Bücher ist dein liebstes Buch?
SINA: Irgendwie glaube ich, dass das „Kims Tagebuch“ ist, denn da hatte ich so viel Spaß beim Schreiben.
LEO: Das mag ich auch sehr, sehr gerne.
SINA: Ja. Da war man irgendwie so frei und das hat mir total viel Spaß gemacht. Da konnte man einfach machen, was man will. Außerdem mag ich die Form auch sehr gerne. Das trägt einen irgendwie weiter.
LEO: Könntest du dir also durchaus vorstellen, eine Fortsetzung von „Kims Tagebuch“ zu schreiben?
SINA: Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen.
LEO: Wie lange benötigst du im Schnitt für ein Buchprojekt?
SINA: Das ist ganz unterschiedlich. Das kommt auch immer darauf an, wie umfangreich das Buch ist und wie viel dazu vom Verlag gesagt wird. Das sind meistens so ein paar Monate. So drei oder vier Monate.
LEO: Arbeitest du mehrgleisig an verschiedenen Büchern oder Projekten?
SINA: Naja, ich habe immer ganz viele Ideen in der Schublade und manchmal überlege ich mir dann, dass das zu dem und dem passen könnte. Es gibt ja auch manchmal Anfragen, ob man zu einem Film oder einem Buch eine Idee hat oder so. Da habe ich also einen riesigen „Ideen-Schatz“.
LEO: Welchen ultimativen Tipp kannst du mir geben, damit das mit meinem Berufswunsch, Buchautorin zu werden, auch klappt?
SINA: Eigentlich machst du schon alles richtig, denn du schreibst viel und liest viel. Das ist das Wichtigste. Das habe ich vorhin bei der Lesung auch schon gesagt: Es ist immer gut, bei Wettbewerben mitzumachen. So bekommt man Aufmerksamkeit. Außerdem ist es gut, wenn man sein eigenes Buch hat, sich eine Agentur zu suchen, die einen besseren Zugang zu den Verlagen hat. Aber ich glaube, in deinem Alter sind vor allem Wettbewerbe wichtig.
LEO: Angenommen, du hättest einen Wunsch frei, welcher wäre das?
SINA: Ich würde gerne in der Zeit reisen können und mit Autoren sprechen, die ich sehr toll finde. Vielleicht mit Astrid Lindgren.
LEO: Wenn du etwas auf der Welt auf Knopfdruck verändern könntest, was wäre das?
SINA: Ich glaube, dass ich verändern würde, dass die Menschen mehr Verständnis füreinander haben und mehr Einfühlungsvermögen, mehr Empathie füreinander empfinden. Ich glaube auch, dass ganz viele Missverständnisse daraus entstehen, dass jeder so für sich ist und jeder nur denkt, alles aus seiner Perspektive beurteilen zu können und sich selten in die anderen hineinfühlt. Das wäre wirklich schön, wenn alle Menschen das hätten. Ich glaube, wenn das so wäre, dann hätten wir weniger Probleme.
LEO: Wenn du dein Leben mit jemandem tauschen könntest, wer wäre das?
SINA: Ich würde mein Leben gerne für einen Tag mit einem tollen Autor oder einer tollen Autorin tauschen, um zu wissen, wie die denken und dann würde ich schreiben und schauen, wie man denkt, wenn man der- oder diejenige ist. Am besten eine Person mit sehr viel Fantasie.
Für mich ist mit diesem Interview ein ganz großer Wunsch in Erfüllung gegangen, denn ich habe unzählige Bücher der beliebten „Die drei !!!“-Reihe gelesen, aber noch nie eine der Autorinnen persönlich getroffen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte fürs Jahr 2020, würde ich mir tatsächlich noch einen zweiten Kinofilm wünschen, für den Sina sogar schon eine Idee im Kopf hat oder aber vielleicht eine weitere Ausgabe aus „Kims Tagebuch“. Wer weiß, wir sind auf jeden Fall gespannt, was das neue Jahr uns bringt…