Interview mit Stine Oliver

Stine Oliver kenne ich schon sehr, sehr lange. Fast zwei Jahre ist es her, dass sie mich gefragt hatte, ob ich nicht Lust hätte, ihr Kinderbuch zu lesen. Ich war damals noch weit davon entfernt, mich Buchbloggerin nennen zu dürfen. Vor allem hatte ich ja noch nicht einmal einen eigenen Blog. Aber als ich das Cover zu „Miep & Moppe“ gesehen habe, war ich einfach hin und weg. Es war Liebe auf den ersten Blick. Teenager Miep und Zwergkaninchen Moppe haben mich vom ersten Moment an begeistert und diese Begeisterung für das ungewöhnliche, aber äußerst unterhaltsame Team teilen mittlerweile auch viele andere – und das nicht erst seit der Nominierung für den Deutschen Selfpublishing-Preis 2019. Stine Oliver war damals sehr nervös und wir drückten uns gegenseitig die Daumen auf der FBM 2019, denn nicht nur sie war nominiert. Auch ich hatte es geschafft, zu den Nominierten zu gehören – allerdings in einem anderen Wettbewerb, denn ich kam damals ins Finale des Buchblog-Awards 2019 in der Kategorie „Bester Newcomer“. Leider hat es weder für Stine, noch für mich zum Sieg gereicht – zwei Debütantinnen, zwei Nominierte und zwei glückliche Nicht-Gewinnerinnen 😉 . Wir haben uns an diesem Tag dennoch gefreut, denn endlich konnten wir uns mal persönlich, live und im realen Leben sehen. (Liebe Stine, ich werde den Jubel und Aufschrei, als mein Name beim #bubla19 genannt wurde, nie vergessen. Danke! Du bist die Beste!) Als Stine dann im Frühsommer auf mich zukam, um mich zu fragen, ob ich Zeit und Lust hätte, Testleserin der Fortsetzung des flauschigen Duos zu sein, war ich natürlich gleich Feuer und Flamme. Nun bin ich nicht nur Mitglied des ersten Fanclubs, sondern auch Testleserin und Teil des „Miep & Moppe“-Bloggerteams. Da ich aber im Grunde nur rein zufällig Buchbloggerin wurde und eigentlich eher das kleine Journalistinnenherz in mir schlägt, war es nur eine Frage der Zeit, dass auch Stine von mir zum Interview gebeten wurde.

(Foto: © Stine Oliver)

Leo: Wie bist du eigentlich auf die Idee zu „Miep & Moppe“ gekommen? Ich meine, es gibt ja schon unzählige fantastische Bücher, in denen sich die Protagonisten unsichtbar machen oder in ein riesengroßes und furchteinflößendes Monster verwandeln können. Du aber hast ein dreizehnjähriges Mädchen gewählt, das sich nach einem Schluckauf in ein Eichhörnchen verwandelt. Wieso gerade ein Eichhörnchen?

Stine: In vielen Büchern geht es dramatisch und aufregend zu. Alles ist – wie in Filmen und Serien – mittlerweile eher groß, laut, effekthaschend. Dabei können schon kleine, feine, flauschige Dinge – oder Tiere – für viel Wirbel sorgen … vor allem dann, wenn du nicht damit rechnest. Als Teenie hast du naturgemäß andere, vielleicht sogar genug Sorgen und wärest am liebsten auf irgendeine Weise unauffällig und willst eher in Ruhe gelassen werden. Oder du wärest gern cool und hast alles im Griff. Ich wollte ein Tier, das ganz andere Attribute besitzt. Es gab außerdem die Voraussetzung der rothaarigen Protagonistin, zu der die Fellfarbe passen sollte. Also kam ich auf ein knuffig-niedliches, hektisches Eichhörnchen. Ich mag Eichhörnchen!

Leo: Und warum ist Moppe ein Zwergkaninchen? Es gibt ja immerhin noch eine Menge anderer Tiere.

Stine: Es sollte ebenfalls eines meiner Lieblingstiere sein, in Sachen Größe zum Eichhörnchen passen und einen Überbiss haben, denn das Lispeln war gesetzt. So ist Moppe: klein, wendig, und höchstwahrscheinlich ständig charmant plappernd …

Leo: Die meisten Autoren übernehmen eigene Charaktereigenschaften in die ihrer Protagonisten. Bist du eher Miep oder eher Moppe?

Stine: Da bin ich eher Miep: Ihre Zurückhaltung, das ab und zu Bockige sowie den trockenen Humor hat sie von mir. Außerdem teilen wir die Vorliebe für Bücher, blau-weiß geringelte Kleidung, den Musikgeschmack. Im Gegensatz zu ihr mochte ich Tiere aber schon immer und musste es nicht erst lernen. Moppes extreme Wissbegierde ist übrigens auch typisch Stine …

(Foto: © Stine Oliver)

Leo: Wie bist du auf die Namen der Charaktere gekommen? Miep und Moppe sind ja eher Namen, die nicht gerade alltäglich sind.

Stine: Seit ich in der Grundschule im Tagebuch von Anne Frank von Miep Gies las, die zu den Helfern der untergetauchten Familie gehörte, wusste ich: Dieser Name kommt irgendwann in eine Geschichte von mir. Es handelt sich um die niederländische Version von „Maria“. Der Sidekick sollte ebenfalls einen Namen mit M bekommen. Und da ich mich vor vielen Jahren in die Bezeichnung einer weltweit sehr beliebten Mini-Kommode schockverliebt habe, kam eins zum anderen. Das gesamte Buch steckt voller ungewöhnlicher Namen wie Tjard, Hedy, Hinni.

Leo: Wie bist du darauf gekommen, Plattdeutsch in dein Buch einzubinden? Kannst du selbst Platt sprechen?

Stine: Ich stamme aus einem kleinen Dorf im Elbe-Weser-Dreieck, wo noch einige Menschen Plattdeutsch „schnacken“, also reden oder sprechen. Auch in meiner Wahlheimat Bremen ist das zu hören, vor allem bei Älteren, aber Jüngere kommen in den letzten Jahren wieder auf den Geschmack. Es gibt nicht umsonst den Spruch „Platt is nich uncool“. Ich höre die Sprache wahnsinnig gern, verstehe sie sehr gut, verwende selbst aber nur einzelne Worte wie „figgeliinsch“ für „knifflig“ oder „gnaddelig“ für „schlecht gelaunt“. Es ist eine sehr amüsante, schöne Sprache, in der sogar Flüche zuckersüß klingen und die ich mit dem Buch bekannter machen möchte. Moppe ist zum Beispiel ein „Klookschieter“ – klingt doch viel liebenswerter als Klugscheißer, oder?

Leo: Wenn du dich wie Miep in ein Tier verwandeln könntest, welches wäre es?

Stine: Definitiv in eine Katze: viel schlafen, viel beobachten, sich selbst genug sein, jemand serviert dir Leckereien – klingt ziemlich perfekt.

Leo: Du als Autorin liebst ja wahrscheinlich jeden einzelnen Charakter, aber hast du einen Lieblingscharakter aus Miep & Moppe?

Stine: Abgesehen vom flauschigen Duo könnte ich niemals ohne Mieps Mama Linn. Aber auch der leicht schnöselige Hamster Hinni und die philosophierenden Tauben sind mir sehr nahe. Irgendwie hat Jede/Jeder etwas Liebenswertes, selbst die auf den ersten Blick eher seltsamen, nervigen Charaktere.

Leo: Ich finde die Illustrationen von Elli Brockmann richtig toll und total niedlich. Habt ihr euch da ewig lang abgesprochen oder wusste Elli sofort, was du dir vorstellst und hat sie es dann so umgesetzt?

Stine: Da ich ihre Arbeiten vorher kannte und sehr mochte, hatte ich die Vermutung, dass das mit uns perfekt passen könnte. Nach einer Leseprobe und einem kurzen Gespräch über meine Vorstellungen brachte Elli das flauschige Duo dann quasi perfekt zu Papier. Ich hatte bisher bei jeder neuen Illustration für „Miep & Moppe“ Freudentränen in den Augen, das spricht wohl Bände.

Leo: Wie kam es überhaupt zum zweiten Band? Ich habe nämlich gelesen, dass es eigentlich gar keinen zweiten Band hätte geben sollen?

Stine: Stimmt, „Miep & Moppe“ waren anfangs nicht als Reihe geplant. Aber die Nominierung für den Deutschen Selfpublishing-Preis 2019 beziehungsweise die damit ausgedrückte Wertschätzung hat mich sehr motiviert. Gleichzeitig haben viele Leserinnen nach einer Fortsetzung gefragt. Zum Glück hatten und haben die beiden Hauptfiguren noch einiges mitzuteilen, die machen im Grunde, was sie wollen.

Leo: Nachdem dein Debüt bei der Zielgruppe sehr gut angekommen ist und der Schrei nach einer Fortsetzung immer lauter wurde, wie hast du dich da persönlich gefühlt? Überwiegt die Freude, dass Miep & Moppe geliebt werden oder war die Angst größer, dass man dem Druck einer Fortsetzung nicht gewachsen sein könnte? Immerhin war die Erwartungshaltung deiner Leser groß.

Stine: Während ich geschrieben und überarbeitet habe, überwog die Freude. Ich hatte Spaß, las das Meiste auch in der dritten Korrekturrunde noch gern. Aber als das Ganze dann ans Testleserteam rausging, wurde ich unglaublich nervös. Zum Glück gefällt dem Großteil Band zwei sogar noch ein bisschen besser.

Leo: Ich habe gelesen, dass Stine Oliver ein Pseudonym ist. Wieso hast du diesen Namen gewählt? Und wieso hast du überhaupt ein Pseudonym gewählt?

Stine: Stine ist einerseits der Spitzname, den ich früher gern gehabt hätte, der aber nie hängenblieb. Oliver passt gut dazu und hat für mich eine sehr emotionale Bedeutung. Da ich seit vielen Jahren im Bereich Text für Agenturen, Redaktionen und Unternehmen arbeite, ist das Pseudonym eine Abgrenzung zum Alltag. Ich wollte mich als Autorin neu erfinden und sehen, was passiert. Sobald ich diesen Nom de Plume gefunden hatte, beflügelte mich das ungemein, ich habe mich erstmals als Buchautorin gefühlt.

Leo: Ich weiß aus ganz guten Quellen 😉 , dass du schon Ideen für einen dritten Band hast. Mich würde interessieren, wie diese in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden. Hast du beim zweiten Band alle Ideen umgesetzt? Plottest du? Und wie genau hältst du dich dann an diesen Plan? Oder bist du eher spontan und schreibst einfach los und schaust, wohin es dich führt?

Stine: Einige meiner Ideen und Notizen zu Band zwei habe ich tatsächlich auf Band drei „verschoben“, sonst wäre er doppelt so lang geworden. Außerdem wollte ich unbedingt wieder einen Cliffhanger am Ende, da kommt der Serien-Fan durch. Ich schreibe extrem gern mit der Hand und besitze mehrere Notizbücher, in denen ich mögliche Szenen, Themen und vor allem besondere Worte sammele. Eins liegt neben meinem Bett, eins neben dem Lesesessel, eins habe ich in der Handtasche, eins trage ich von hier nach dort, verlege es, kaufe ein neues, finde das alte wieder … und dann ist da noch die Schublade mit weiteren Notizheften voller Ideen. Du merkst schon: Es herrscht eher ein kreatives Chaos. Organisiert, ins Reine und vor allem „richtig“ geschrieben wird erst später. Irgendwann packt es mich nämlich, ich sammele alle Notizen zusammen und starte endlich mit der Umsetzung. Die beiden ersten Bücher habe ich geplottet und kapitelweise in ein bis drei Sätzen strukturiert: In Kapitel x passiert y und so weiter. Ich arbeite parallel gern mit gezeichneten Mindmaps, einer Art Stichwortsammlung, so komme ich meinen Charakteren, den jeweiligen Storylines und Konflikten näher. Das alles hilft super gegen Schreibblockaden, weil ich mit dem Schreibprozess erst beginne, wenn ich diesen Plan habe. Bei beiden Büchern hat sich die Story allerdings etwa ab der Mitte verselbstständigt und wich manchmal stark vom ursprünglichen Plan ab, was sich allerdings richtig anfühlte. Es passiert ab und zu, dass ich später etwas lese und denke: „Woher kommt DAS denn jetzt? Habe ICH das geschrieben? WANN habe ich das geschrieben?“ Ohne Spontaneität geht es bei mir also ebenso wenig wie ohne Plan, ich mag einfach den Mix.

Leo: Es gibt Autoren, die sitzen in einem Café und lassen sich durch nichts stören, andere wiederum lieben die Ruhe. Welcher Autorentyp bist du? Wie können wir uns Stine Oliver beim Schreiben von „Miep & Moppe 3“ vorstellen?

Stine: Die Ideen kommen eher, wenn ich allein bin, zum Teil auch nachts. Dann liege ich wach und formuliere im Kopf vor mich hin. Ideen fliegen mich durchaus mal an, wenn es um mich herum trubelig ist, grundsätzlich reagiere ich aber eher empfindlich auf äußere Einflüsse und bin dann schnell abgelenkt oder sogar gestresst. Musik hören funktioniert leider nie, denn da singe oder summe ich automatisch und mindestens innerlich immer mit. Wenn ich schreiben will oder im Idealfall im Schreibflow bin, brauche ich absolute Ruhe. Dann wird neben mir der grüne Tee kalt und bin hinterher zwar glücklich, aber etwas verspannt – weil ich die Zeit vergessen, mich stundenlang in der Schreibwelt verloren und nicht von der Stelle gerührt habe.

Stine Oliver, Miep & Moppe mit mir auf der FBM 2019

Liebe Stine, vielen Dank für das Interview und ich hoffe sehr, dass du es irgendwie arrangieren kannst, dass Miep & Moppe vielleicht auch mal zum Interview bei mir vorbeischauen. Zu Band 3 vielleicht? Ich würde mich riesig freuen. 😉

Interview mit Clarissa Corrêa da Silva

Der GOLDENE SPATZ, das größte Festival für deutschsprachige Kindermedien hat vom 20. bis 26. September 2020 zum 28. Mal ein junges Publikum und Filmgäste nach Gera und Erfurt eingeladen, um deutschsprachige Film- und Fernsehproduktionen sowie digitale Angebote für Kinder zu entdecken und auszuzeichnen. Beim GOLDENEN SPATZ gibt es insgesamt drei Jurys – die Kinderjury Kino-TV, die Kinderjury Digital und die Jury des MDR Rundfunkrates. Bei der großen Preisverleihung am Freitag, den 25. September 2020 wurden dann 7 GOLDENE SPATZEN, ein Jugendfilm-Publikumspreis und ein Urkunden-Preis für das beste Drehbuch vergeben. Ich selbst war ein Teil der fünfköpfigen Kinderjury Digital, bestehend aus zwei Mädchen und drei Jungen im Alter von 11 bis 13 Jahren, insofern war ich weder befangen noch parteiisch, als meine „Kollegen und Kolleginnen“ der Kinderjury Kino-TV meine Lieblingsmoderatorin des KiKA als beste Moderatorin gewählt haben. Die Kinderjury hat entschieden, dass Clarissa Corrêa da Silva die Auszeichnung verdient, weil sie ein großes Talent zum Moderieren hat und mit viel Energie und Freude ihren Job macht. Clari wurde aber nicht nur als beste Moderatorin ausgezeichnet, denn für „Triff… Harriet Tubman“ gab es einen weiteren GOLDENEN SPATZEN. In der Kategorie Information/Dokumentation/Dokumentarfilm konnte dieses KiKA-Format ebenfalls die Kinderjury überzeugen, weil der Beitrag informativ ist und ein interessantes und wichtiges Thema beinhaltet, das durch die guten Schauspieler und Schauspielerinnen positiv hervorsticht. Selbstverständlich habe ich natürlich gleich die Gelegenheit genutzt, um Clari ein paar Fragen zu stellen. 😉

Leo: Angefangen hast du mit der Sendung „KUMMERKASTEN“ beim KiKA. Mittlerweile moderierst du aber auch Wissen macht Ah!“, „Die Sendung mit der Maus“ und die sehr erfolgreiche Sendung „Triff…“. Welches Format magst du am liebsten und warum?

Clari: Ich finde es sehr schwierig, den Sendungen ein Ranking zu geben. Sie sind sehr, sehr unterschiedlich und jede in ihrer Art wirklich gut und alles tolle Wissensformate. Ich glaube, am liebsten mag ich es eben, Wissen zu vermitteln und das auf Augenhöhe mit den Zuschauer*innen.
„KUMMERKASTEN“ war mein Herzensprojekt, da ich damit irgendwie groß geworden bin – wenn man das so sagen kann. Aber es ist auch ok, dass es jetzt vorbei ist.
„Wissen macht Ah!“ war für mich erstmal total surreal und eine riesengroße Ehre, Teil dieses unfassbar tollen Formats zu sein. Ich bin unfassbar dankbar für die Freundschaft zu Ralph, und dass wir uns von Anfang an so gut verstanden haben.
„Die Sendung mit der Maus“ ist wie ein großes Familienfest und das ist einfach auch nur unfassbar toll, Teil dieser Familie und diesem absoluten Klassiker für alle Generationen zu sein.
„Triff…“ ist ja irgendwie mit mein Baby – aber es ist auch das jüngste Format und man kann daran noch viel feilen. Umso schöner, dass wir das noch hoffentlich lange weiter machen können und dürfen.

Leo: An der Seite von Ralph Caspers moderierst du Wissen macht Ah!“ –  eine Sendung, in der ihr uns Kindern Interessantes und Wissenswertes aus der ganzen Welt erklärt und das nicht nur lustig und urkomisch, sondern tatsächlich auch lehrreich. Da haben sich ja zwei „Besserwisser“ gesucht und gefunden, oder?

Clari: Absolut – ich würde sagen, vielleicht nicht Besserwisser – denn wir korrigieren uns ja jetzt nicht permanent – sondern Klugscheißer und Hüterin und Hüter des Unnötigen Wissens. 😉

Leo: Erzähl mal, hattest du Bammel in die Fußstapfen von Shary Reeves zu treten, die 16 Jahre lang diese Sendung mit Ralph moderiert hat?

Clari: Absolut! Ich hatte großen, gesunden Respekt, in Sharys Fußstapfen zu treten. Wusste aber schnell, dass es wichtig ist, nicht zu vergessen, dass wir einfach ein Dreier-Team sind (zumindest in der Wahrnehmung der Zuschauer). Das heißt, ich wollte auf keinen Fall eine „neue Shary“ sein, sondern ich bin einfach ich – Clarissa. Shary und Ralph haben eine besondere Beziehung und Ralph und ich haben auch eine besondere Beziehung. Und das merkt man auch. Und schon ist es automatisch etwas Neues. Aber überhaupt nicht nötig, mit dem anderen zu vergleichen. Ich bin überglücklich, dass das einfach so super funktioniert.

Leo: Immer wenn ich „Wissen macht Ah!“ schaue, muss ich lachen, bevor überhaupt irgendetwas Lustiges passiert, weil ich genau weiß, dass Ralph jetzt bestimmt wieder was raushaut. Wie ist das denn beim Drehen? Passiert da viel spontan? Oder habt ihr wirklich ein festes Konzept?

Clari: Wir haben schon erstmal ein festes Konzept. Denn unser Problem sind tatsächlich die Sendelängen. Sonst könnten wir viel, viel mehr improvisieren. Aber dadurch, dass unsere Moderationen ja keine Schnitte haben – also sogenannte „Onetaker“ sind – müssen wir es schaffen, in der Zeit zu bleiben und dafür ist ein Konzept natürlich hilfreich. Trotzdem passiert immer irgendetwas Spontanes. Wir lachen sehr, sehr viel, meistens über uns selber. Weil wir irgendwas fallen gelassen haben, witzige Versprecher hatten oder ein Experiment irgendwie völlig aus dem Ruder läuft.

Leo: Müsst ihr oft lachen und dann Szenen mehrmals drehen? Oder könnt ihr auf Knopfdruck ernst sein?

Clari: Wir versuchen oft, unsere witzigen Momente einfach drin zu lassen, denn es ist ja auch witzig, aber manchmal müssen wir es dann doch mehrfach drehen, weil wir sonst einfach zu lang werden in der Gesamtzeit der Sendung. Auf Knopfdruck ernst sein, klappt gaaaaanz selten und hält dann meistens auch nicht besonders lang.
In der letzten Staffel hatte ich einmal bestimmt einen fünfminütigen Lachanfall, sodass die Kamerafrau irgendwann die Kamera absetzte und meinte „das dauert bestimmt noch ein bisschen…“, es mussten aber auch alle mitlachen.

Leo: In deiner Sendung „Triff…“ bist du eine zeitreisende Promireporterin und du triffst berühmte Persönlichkeiten der Zeitgeschichte. Wenn du die Möglichkeit hättest, tatsächlich jemanden in der Vergangenheit zu besuchen – egal wen, wer wäre das?

Clari: Harriet Tubman natürlich – die würde ich sehr gerne treffen.

Leo: Ich selbst würde höchstwahrscheinlich Albert Einstein wählen, denn er war nicht nur genial, sondern auch ein Mann mit einer guten Portion Humor.

Clari: Gut, dass du das sagst. Albert Einstein haben wir definitiv auch auf unserer Liste. 😉

Leo: Wie kamst du überhaupt zum KiKA? Hast du direkt nach der Uni dort angefangen?

Clari: Zum KiKA kam ich, während ich mein Masterstudium in Weimar machte. Ich hab während meines Studiums immer nebenbei gearbeitet und eigentlich auch immer irgendwie redaktionell. Das brauchte ich für mich als Ausgleich zur trockenen Theorie und klar auch zum Leben aber eben auch, weil ich wusste, ich möchte unbedingt Journalistin werden und dafür braucht man vor allem Erfahrung. Da ich den KiKA schon immer toll fand – einfach gut und großartig, dass es einen öffentlich-rechtlichen Sender für Kinder und Jugendliche gibt – habe ich alles daran gesetzt, da arbeiten zu können. Nach der Uni durfte ich dann als freie Mitarbeiterin / Redakteurin in der Redaktion Nonfiktion anfangen und habe erstmal vor allem KiKA LIVE Sendungen gemacht.

Leo: Wusstest du schon während deiner Schulzeit, dass du eines Tages in der Medienbranche arbeiten möchtest? Was war denn dein Berufswunsch als du noch ein kleines Kind warst?

Clari: Ich wusste lange nicht, was ich später mal machen möchte. Als Kind wollte ich Kommissarin werden – als ich dann aber erfuhr, dass ich dafür eine Waffe tragen muss und eventuell auf Leute schießen muss, wollte ich das nicht mehr. Zwischenzeitig wollte ich dann Primaballerina werden. Da wurde mir aber auch schnell klar, dass das ein hartes Leben wird. Also war ich irgendwann auch auf dem Weg, zu sagen – ich ziehe nach Usedom, kaufe mir ein paar Pferde, werde Reitlehrerin und Schriftstellerin. Und zum Abi hin wusste ich aber, da schlägt ein großes Journalistinnen-Herz in mir.

Leo: Wie kam es dazu, dass deine Familie, als du 14 Jahre alt warst, nach São Paulo gegangen ist? Berlin war ja deine Heimat, auch wenn du brasilianische und israelische Wurzeln hast, war es da nicht schwer Anschluss in São Paulo zu finden?

Clari: Meine Eltern sind getrennt und meine Mutter war in Deutschland nicht mehr so happy. Also begleitete ich sie zurück in ihre Heimat und für mich hin in meine zweite Heimat. Ich wusste, nach dem Abi kehre ich zurück, um in Deutschland zu studieren. Aber klar – es war super hart. Gerade in dem Alter, ich hatte meinen ersten Freund und meine Freunde und alles… das war schrecklich.

Leo: Bist du dann vom deutschen Gymnasium direkt auf eine brasilianische Schule gegangen? Wie war das für dich?

Clari: Ich kam auf eine deutsch-brasilianische Schule. Das war eine private Eliteschule und ich fand das ganz furchtbar. Man war irgendwie auf dem Gelände eingesperrt, musste Uniform tragen und es war ein krasser Leistungsdruck. Da ich in der bilingualen Klasse war, hatten wir das Doppelte an Fächern aber die Hälfte der Zeit für den Stoff. Ich hatte aber keine andere Möglichkeit, denn nur da konnte ich ganz normal das Abitur ablegen, um dann problemlos in Deutschland studieren zu können.

Leo: Ich stelle mir das vor allem in diesem Alter sehr schwierig vor, wenn man seine Heimat und Freunde zurücklassen muss.

Clari: Zum Glück fand ich ziemlich schnell gute Freundinnen. Nicht viele aber dafür eben echte und gute und das macht alles schöner. Wenn man gute Leute um sich rum hat, kann man eigentlich überall glücklich werden – das habe ich da gelernt.

Leo: Brasilien und Deutschland – das sind zwei sehr unterschiedliche Kulturen. Mit welcher Mentalität kommst du besser klar? Das ist zwar immer ein wenig Klischee behaftet, aber ich vermute sehr, dass das Leben in Brasilien ganz anders ist als in Deutschland. Was ist für dich richtig typisch deutsch und was brasilianisch?

Clari: Das stimmt. Brasilien und Deutschland sind sehr unterschiedlich. Aber es gibt keine Mentalität, mit der ich besser klar komme. In beiden Kulturen und Mentalitäten gibt es viele gute Dinge, aber auch viele die mich nerven. Ich versuche, für mich die guten Dinge aus beiden zu vereinen.

Leo: Was ist dein Lieblingsessen?

Clari: Mein absolutes Lieblingsessen sind Falafel und Hummus. Hmmm, aber so ein guter leckerer Flammkuchen geht auch immer… hahahah, ich liebe einfach Essen. Außer Bananen, mit denen kannst du mich jagen.

Leo: Gibt es ein brasilianisches Gericht, das ich unbedingt mal probieren sollte? 

Clari: Es gibt viele tolle brasilianische Gerichte – aber ich würde dir auf jeden Fall mal empfehlen, Feijoada zu essen, wenn dir das mal über den Weg läuft. Das ist eigentlich DAS brasilianische Traditionsgericht. Ein schwarzer Bohneneintopf und stammt aus Zeiten der Sklaverei. Die Familien haben sich den zubereitet mit den Resten, die sie von ihren Besitzer*innen bekamen und konnten vor allem lange gut davon essen, wenn sie jeden Tag nur ein bisschen Wasser dazu gaben. Heute ist das wirklich immer ein tolles Event, wenn es Feijoada gibt.

Leo: Als Buchbloggerin muss ich dir natürlich noch die Frage nach deinem Lieblingsbuch stellen. Ich habe gelesen, dass du als Kind gerne Petterson und Findus gelesen hast. Ich gestehe, ich lese diese Geschichten noch immer sehr gerne. Welches Buch würdest du heute als dein Lieblingsbuch bezeichnen?

Clari: Jaaaa, Petterson und Findus ist toll! Mein Papa hat die mit mir immer gelesen und er war der alte Petterson und ich der quirlige Findus. Manchmal hat er mich dann auch so genannt… Zu meinem zwanzigsten Geburtstag habe ich mir die Bücher auch alle noch einmal gewünscht – damit ich sie alle habe und ich sie hoffentlich irgendwann mit meinen Kindern lesen kann. Aber ich muss sagen, mein absolutes Lieblingsbuch bis heute ist Ronja Räubertochter. Das ist auch für Erwachsene immer toll, weil es auch gar nicht so simpel geschrieben ist.

Leo: Und welches Buch hast du zuletzt gelesen?

Clari: Zuletzt habe ich auf Englisch den Roman „The Tattooist of Auschwitz“ gelesen. Das war sehr fesselnd und aber auch unfassbar traurig. Außerdem gab es dieses Pärchen tatsächlich, das gemeinsam Auschwitz und den zweiten Weltkrieg überlebt hat.

Leo: Was mich noch interessieren würde, ich habe gelesen, dass du abwechselnd deutsche, englische und portugiesische Bücher liest. Fällt dir das leicht? Ich lerne Englisch, Latein und Spanisch an der Schule und denke aber immer deutsch und übersetze dann im Kopf. Wie funktioniert das bei dir? Macht das überhaupt einen Unterschied für dich? Oder sprichst du die Sprachen alle so fließend, dass du gar nicht darüber nachdenken musst, was du liest?

Clari: Ja, das mache ich, um die Sprachen zu trainieren. Sprache ist ja nun mal schon wie ein Muskel – wenn du sie nicht regelmäßig sprichst, liest oder hörst, vergisst du natürlich auch immer ein bisschen was. Ich bin mit deutsch und portugiesisch groß geworden, das heißt, da muss ich nicht viel nachdenken, wenn ich das lese. Wobei ich im Portugiesischen schon auch Wörter nachschauen muss – vor allem, wenn es ältere oder sehr spezifische Wörter sind, die man jetzt so zuhause nicht spricht.

Leo: Herzlichen Glückwunsch! Du bist Preisträgerin des 28. Festivals GOLDENER SPATZ. Und das sogar zweifach! Denn einen Preis hast du in der Kategorie Information/Dokumentation/Dokumentarfilm für „Triff…Harriet Tubman“ erhalten und einen als beste Moderatorin. Auch wenn ich selbst nicht in der Kinderjury Kino-TV saß, sondern in der Kinderjury Digital, bin ich so froh, dass du das Rennen gemacht hast. Meine Stimme hättest du auf jeden Fall bekommen, weil das Format „Triff…“ echt klasse ist. Was war dein erster Gedanke, als du die Nachricht erhalten hast, dass du gewonnen hast? Und wen hast du als erstes dann angerufen?

Clari: Als Erstes bin ich zu meiner guten Freundin gerannt, die glücklicherweise auch bei mir mit in der Redaktion arbeitet und dann habe ich eigentlich gleich in die WhatsApp-Gruppe mit meinen Eltern geschrieben. Ich war total geehrt und habe mich riesig gefreut und das möchte man ja als Erstes mit seinen Liebsten teilen.

Vielen Dank, liebe Clari, dass du so spontan Zeit und Lust hattest, mir ein paar Fragen zu beantworten. Ich freue mich schon auf viele weitere Folgen von „Triff…“ – vor allem auf die über Albert Einstein.

Interview mit Yvonne Greitzke

Meine größte Leidenschaft gehört dem Lesen und dem Schreiben, aber es gibt so Momente, da wäre es einfach praktisch, wenn man jemanden hätte, der einem ein Buch vorlesen könnte. Wenn man so jemanden aber nicht hat, gibt es für dieses Problem selbstverständlich eine ziemlich einfache Lösung: Hörbücher! Mittlerweile sind meine Schwester und ich richtige Hörbuch-Fans geworden, wir sitzen manchmal stundenlang einfach nur rum und hören uns gemeinsam magische, lustige oder auch spannende Abenteuer an. Dabei ist uns aufgefallen, dass wir Stimmen erkennen und einem Sprecher bzw. einer Sprecherin zuordnen können. Klar haben wir auch ein paar Lieblingssynchronsprecher und eine davon ist auf jeden Fall Yvonne Greitzke. Sie ist die Stimme, die meine Kindheit geprägt hat. Ich war noch keine 5 Jahre alt, als der Disney-Film „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ ins Kino kam, und ich war vollkommen begeistert. Auch an mir ging das Merchandising nicht vorbei. Während meine kleine Schwester die Eiskönigin Elsa vergötterte, brannte ich für Anna. Lebenslustig und immer gut gelaunt – das gefiel mir. Ich weiß nicht, wie oft ich mir den Film angeschaut oder das Hörbuch und das Hörspiel angehört habe, aber es war wohl ausreichend genug, um den Text mittlerweile mitsprechen zu können. Diese eine Stimme würde ich unter tausenden von Stimmen wiedererkennen. Aber die Person selbst? Bis vor Kurzem kam mir nie in den Sinn, dass die Person hinter der Stimme nicht „Anna“, sondern tatsächlich ein echter Mensch sein könnte. Schon komisch. Als ich dann hörte, dass Yvonne Greitzke auch das Hörbuch zu „Lia Sturmgold“ eingelesen hat, wusste ich, dass ich dieses unbedingt haben muss. Und ich habe mich nicht geirrt, denn es war einfach fantastisch gelesen. Als ich dann auch noch gefragt wurde, ob ich Interesse hätte, Yvonne Greitzke mal zu interviewen, bin ich vor Freude fast an die Decke gesprungen. Ich meine, wer kann schon von sich behaupten, er hätte Prinzessin Anna von Arendelle interviewt? Tja, ich kann’s jetzt! 😉

(Foto: © Sonja Hornung)

Leo: Bei meiner Recherche zu diesem Interview habe ich gelesen, dass Sie bereits als Kind zum Synchronsprechen kamen. Haben Sie sich da beworben oder hat Sie zufällig jemand entdeckt?

Yvonne Greitzke: Man kann tatsächlich sagen, ich wurde „entdeckt“. Ich war damals Mitglied in einer Kinder-Musical-Gruppe, bei einer Aufführung wurde jemand auf mich aufmerksam und hat im Anschluss meine Eltern angesprochen.

Leo: Ihre erste Sprechrolle war die eines Jungen. War das für Sie damals in Ordnung oder haben Sie schon ein wenig mit den Augen gerollt, weil Sie sich eigentlich eine andere Rolle gewünscht hätten?

Yvonne Greitzke: Ich war damals acht Jahre alt und es war eine lustige Rolle, sie hat Spaß gemacht und daher war es völlig in Ordnung für mich. Bei Kinderstimmen kann man oft noch nicht unterscheiden, ob es Mädchen oder Jungen sind, oft werden Jungen von Mädchen oder anders herum gesprochen.

Leo: Hat man eigentlich ein „Abo“ auf eine Stimme oder muss man sich jedes Mal aufs Neue für die Sprechrollen bewerben?

Yvonne Greitzke: Ein „Abo“ hat man nicht direkt, aber es wird schon darauf geachtet, dass die Schauspieler*innen immer von denselben Sprecher*innen synchronisiert werden. Man wird dann für den neuen Film / die neue Serie angefragt. Sollte man aber gerade verreist sein oder krank oder einfach keine Zeit haben, kann es schon sein, dass die Rolle jemand anders spricht.

Leo: Sie sind die deutsche Stimme von Alicia Vikander, Britt Robertson und Hilary Duff. Was würde passieren, wenn tatsächlich alle drei Frauen einen gemeinsamen Film drehen?

Yvonne Greitzke: Das wäre eine sehr schwierige Situation. 😉 Wahrscheinlich würde ich in diesem Fall die Schauspielerin synchronisieren, die ich am häufigsten gesprochen habe. Bei diesen drei Frauen wäre das Alicia Vikander. Sie wäre tatsächlich auch meine erste Wahl. Ich habe auch schon von einem Kollegen gehört, bei dem dieser Fall eingetreten ist. Er durfte sich entscheiden, welche Rolle er am liebsten sprechen wollte.

Leo: Ich stamme ja aus der Generation, die quasi mit dem Film „Eiskönigin“ groß geworden ist. Das war einer meiner ersten Kinofilme. Danach war ich immer die Anna und meine Schwester die Elsa. Deshalb habe ich auch das Hörspiel sicherlich 197mal angehört, wenn nicht sogar öfter. Ich kann dementsprechend die Rolle der Anna tatsächlich auch mitsprechen. Die Stimme ist mir so vertraut, dass ich – obwohl ich bereits das Buch gelesen hatte – unbedingt auch das Hörbuch zu „Lia Sturmgold“ haben musste. Ich fand das Buch tatsächlich schon recht gut, aber das Hörbuch war richtig klasse. Eigentlich wollte ich nebenher mein Zimmer aufräumen, dabei ist mir dann aufgefallen, dass ich in den 6 Stunden einfach nur Löcher in die Wand gestarrt hatte, weil ich dem Hörbuch so fasziniert gelauscht habe. Wie bereitet man sich denn auf solch eine Sprechrolle eigentlich vor? Diese 6 Stunden werden ja sicherlich nicht an einem Stück aufgenommen – wie lange hat das Synchronisieren von „Lia Sturmgold“ gedauert?

Yvonne Greitzke: Das freut mich, dass dir „Lia Sturmgold“ so gut gefallen hat! Wenn ich ein Hörbuch lese, bekomme ich einige Wochen vorher das Buch zugeschickt und lese es dann erst einmal in Ruhe durch. Dabei kommen mir meist schon Ideen, wie ich die Rollen gern gestalten möchte. Ich mache mir dazu Notizen, markiere Dinge, die mir besonders auffallen oder zu denen ich Fragen habe. Dann lese ich das Buch noch einmal und diesmal laut, um mir die Rollen und wie sie klingen sollen, besser einprägen zu können. Für die Aufnahmen zu „Lia Sturmgold“ war ich zwei Tage im Tonstudio. Besonders herausfordernd ist es immer, wenn es sehr viele verschiedene Rollen gibt, die dann natürlich auch alle anders klingen sollen, wie es bei „Lia Sturmgold“ der Fall ist. Da kann es schon vorkommen, dass ich am Ende des Buches nicht mehr weiß, wie eine Elfe geklungen hat, die nur kurz zu Beginn vorkam. Zum Glück kann man dann im Tonstudio kurz reinhören, was man am Tag zuvor aufgenommen hat. 😉

Leo: Haben Sie eine Lieblings-Synchronrolle?

Yvonne Greitzke: Prinzessin Anna ist mir tatsächlich sehr ans Herz gewachsen, ich habe mich sehr gefreut, als ich vom zweiten Teil hörte.

Leo: Ist das Synchronisieren von Hörbüchern/-spielen einfacher als das Synchronisieren von Filmen, wo man eher auf die Lippenbewegungen achten muss?

Yvonne Greitzke: Ich würde nicht sagen, dass es einfacher ist, es ist eine ganz andere Art zu arbeiten. Bei Hörbüchern und Hörspielen kann man die Rollen gestalten, wie man möchte, man hat viel mehr Freiheiten. Bei Filmen muss man immer auf die Lippenbewegungen achten und sich nach der Vorlage (dem Original) richten.

Leo: Sie sind ja nicht nur Synchronsprecherin, sondern auch ausgebildete Schauspielerin und Sängerin. Wieso haben Sie die „Anna“ in „Eiskönigin“ nur gesprochen? Wieso hat Pia Allgaier den Gesang übernommen? Kam denn niemand auf die Idee, dass Sie die Lieder singen könnten?

Yvonne Greitzke: Ja, das finde ich auch sehr, sehr schade. Ich hätte wahnsinnig gern auch den Gesang übernommen. Als ich jedoch für die Sprache gecastet wurde, war der Gesang schon aufgenommen. Dass viele Sprecher*innen auch singen können, scheint (noch) nicht so bekannt zu sein.

Leo: Gab es jemals eine Situation beim Einkaufen (beispielsweise beim Bäcker oder Metzger), dass jemandem Ihre Stimme aufgefallen wäre? Kam je die Frage: „Sie kommen mir so vertraut vor? Kennen wir uns von irgendwoher?“

Yvonne Greitzke: Ich wurde mal auf dem Spielplatz von einem Kind als Anna erkannt, das war eine verrückte Situation, ich konnte es gar nicht glauben.

Leo: So, mehr fällt mir spontan nicht ein und deshalb bedanke ich mich nun für das Interview.

Yvonne Greitzke: Es freut mich sehr, dass du dich für unsere Arbeit interessierst. Danke für deine tollen Rezensionen auf deinem Blog und vielen Dank für die Einladung zu diesem Interview, mit wirklich spannenden Fragen.

Fasching 2014: Meine kleine Schwester und ich als Eiskönigin Elsa und Prinzessin Anna verkleidet.

Interview mit Stefanie Gerstenberger

Ich beteilige mich sehr gerne an Leserunden wie z.B. bei LovelyBooks oder bei der Lesejury, weil ich ganz großen Spaß daran habe, zu erfahren, was die anderen Leser an einem Buch gut finden oder auch nicht. Manche Textstellen werden ja auch ganz anders wahrgenommen und interpretiert. Ganz spontan kam es dann im Mai dazu, dass ein paar junge Buchbloggerinnen gemeinsam mit mir das Buch „Die Wunderfabrik: Keiner darf es wissen!“ von Stefanie Gerstenberger lesen wollten. Wir waren so begeistert von dem Buch, dass wir uns entschlossen haben: „Das müssen wir wieder tun!“ Deshalb lesen wir ab sofort „Die Wunderfabrik: Nehmt euch in Acht!“ Das schöne an unserer kleinen Leserunde ist aber die Tatsache, dass uns die Autorin abermals begleitet. Stefanie Gerstenberger hat uns auch schon während der ersten Runde mit Hintergrundinformationen versorgt und ich möchte euch natürlich nicht vorenthalten, welche Fragen ich der Autorin zwischenzeitlich gestellt habe. 😉

Leo: Ich bin überrascht, was du alles gemacht hast, bevor du Autorin geworden bist. Wie kam es denn dazu, dass du dich dann entschlossen hast ein Buch zu schreiben und dann gleich einen Bestseller? War „Das Limonenhaus“ tatsächlich dein erstes Werk oder hast du früher auch schon geschrieben?

Steffi: Nachdem ich mit 26 Jahren zwei Sommer hintereinander auf Elba verbracht habe, dort habe ich in einer kleinen Bar (aber eigentlich war’s eine Eisdiele), gearbeitet, und beim zweiten Mal dann in einer Diskothek an der Kasse, dachte ich: Mensch, jetzt hast du so viele tolle Sachen erlebt, die schreibst du jetzt mal auf! Und das tat ich. Und kam nach 60 Seiten nicht weiter, und konnte auf einmal nicht mehr schreiben und hatte keinen Plan … Dann las ich mehrere Bücher über das Schreiben und schrieb weiter, am selben Buch, ungefähr sechs Jahre lang. Kein Witz! Irgendwann war der Roman fertig, aber niemand wollte ihn haben, keine Agentur, und auch kein Verlag. Er war einfach noch nicht gut, aber das wusste ich nicht und war ziemlich frustriert.
Eine Freundin sagte dann, schreib doch noch ein zweites Buch, da ging ich erstmal wütend an die Decke, denn so einfach ist das alles nicht…
Aber: Sie hatte recht! Nachdem ich auf Sizilien war, hatte ich wieder eine Idee und begann…, diesmal besser vorbereitet, und ich schrieb auch nicht über meine Erlebnisse, sondern über die anderer Menschen: Das Limonenhaus. Die Agentur Schlück wollte das Manuskript sofort haben, obwohl noch ca. 200 Seiten fehlten, und siehe da, sogar einige Verlage waren interessiert und es wurde ganz erfolgreich.

Leo: Nach einigen Büchern für Erwachsene hast du gemeinsam mit deiner Tochter Marta ein paar Jugendbücher geschrieben. Erzähl doch mal, wie es dazu kam. Hat sich das nach und nach ergeben, weil du ihren Rat gebraucht hast, oder war die Zusammenarbeit tatsächlich geplant?

Steffi: Das war eine Idee, die schon sehr früh, beim gemeinsamen Spielen mit Marta entstanden ist. Wir spielten mit Puppen und mit Playmobil; wir haben wunderbare Phantasiewelten miteinander entworfen. Ich überlegte, was wäre, wenn ich wieder sechs, sieben oder acht Jahre alt wäre, und Marta als Kind treffen würde? Jetzt, in ihrer Kindheit, oder früher, in meiner Kindheit? Und habe diese Vorstellung einmal durchgespielt. Wir wären ziemlich beste Freundinnen geworden, ganz sicher!
Die Idee, so eine Geschichte einmal aufzuschreiben, habe ich nicht vergessen und als ich Marta dann 2013, zu den Dreharbeiten zum 2. Teil der Vampirschwestern-Filme begleitet habe, ging es los…
Im Zug nach München haben wir die ersten Figuren entworfen, festgelegt, wie sie „ticken“ sollten, natürlich sollten sie jetzt älter sein, nicht mehr sieben, sondern 15! Und es waren auch nicht wir (nur ein bisschen). Marta hat die Hauptfiguren in unsere schöne leere Schreib-Kladde gezeichnet. Wir haben die Familie Zimt und ihr wunderbar nach Schokolade duftendes Café ins Leben gerufen (wir lieben beide Schokolade, und Kuchen sowieso), und einen Grundriss davon gezeichnet. Ach, ich könnte noch seitenweise davon erzählen…
So wuchs die Geschichte in den nächsten Wochen. Als wir wieder zu Hause waren, ging es natürlich weiter. Und nach dem Erfolg des ersten Buches, wollte der Arena Verlag dann auch ein zweites und drittes… Für alle ab 12, traut euch, es sind auch tolle Geschichten!

Leo: Dann kam die Anfrage vom Fischer Verlag für ein Kinderbuch. Wie war das dann? Hattest du sozusagen nur eine Vorgabe, ein Kinderbuch zu schreiben? Du hast unserer Lesegruppe zu Band 1 erzählt, dass es eigentlich ein Kinderbuch mit dem Thema „Rollschuh laufen“ sein sollte. Wie hat der Verlag reagiert, als du dann gesagt hast, dass es doch was ganz anderes wird? Hat der Verlag dir einfach mal blind vertraut?

Steffi: Nach sechs Romanen für Erwachsene und 5 Jugendbüchern zusammen mit Marta kam die Anfrage vom Fischer Verlag, nachdem ich dort ein sehr süßes Bilderbuch rausbringen durfte. Ich habe die Rollschuhidee ablehnen müssen, dazu fiel mir echt nichts ein, und habe nur aufgezählt, was mich dagegen interessiert: Kinder ohne Eltern, ein dunkles Kinderheim, eingesperrt, Flucht, der Bösewicht, Ungerechtigkeit, Schokolade!
Und habe das dann auf zwei kurzen Seiten beschrieben. Henry war ursprünglich ein Mädchen (!), aus der Schokolade wurden Bonbons… aber sonst war schon viel Verrücktes aus der Wunderfabrik mit dabei.
Und mit diesem Entwurf haben wir dann gearbeitet, das war super, die „Bücherfrauen“ von Fischer waren nicht das kleinste bisschen irritiert, sondern haben mir echt vertraut!

Leo: In „Die Wunderfabrik“ geht es um Lakritze und was viele nicht wissen, du magst Lakritze nicht besonders – was ich übrigens vollkommen verstehe, denn ich esse wirklich alles, nur keine Lakritze. Wieso also Lakritze?

Steffi: Weil kurz bevor die Wunderfabrik herauskommen sollte, unheimlich viele Bücher mit diesem Bonbonthema & Magie ebenfalls herauskommen sollten…
Also wurde ich gefragt, ob ich mir statt Bonbons auch Lakritze vorstellen könnte. Ich sagte: Nein. Aber jetzt im Nachhinein, finde ich Lakritze viel besser! So schön dunkel und zäh in der Herstellung, und sie wird bunt, was Bonbons ja bereits gewesen wären. Perfekt also. Und manche Lakritzesorten mag ich auch. Zum Beispiel, die Schnecken, die man so schön ausrollen kann.

Leo: Bevor es mit dem Schreiben zum ersten Band anfing, warst du extra in England und in Wales. Welche Eindrücke konntest du sammeln und was konntest du dann verwerten? Hattest du einen richtigen Plan, was du alles in Wales recherchieren möchtest, oder war das Sammeln von Eindrücken eher spontan?

Steffi: Ich muss zugeben, ich kannte England gar nicht…! Nur aus vielen Büchern und Filmen, wie z.B. Harry Potter, aber das zählt ja nicht wirklich.
Und nach Wales wollte ich, seitdem ich mit 12 Jahren bei einem Schwimmaustausch nicht mit nach Cardiff durfte … wie gemein! Da war also auch noch eine Rechnung offen.
Als ich endlich in London aus dem Zug stieg, dachte ich: WOW! So habe ich es mir tatsächlich vorgestellt!
Aber die kleinen Details, die in Büchern so wichtig sind, die habe ich natürlich nicht gekannt, und dann wie wild um mich fotografiert und notiert. Es war herrlich!
Porridge probiert, U-Bahn gefahren, walisische Schafe beschnuppert, walisischen Eintopf gegessen… Ich konnte alles „gebrauchen“! Wales ist übrigens noch mal sehr speziell, ich bin mit dem Auto (auf der falschen Straßenseite) an die Küste gefahren, um ein hübsches Plätzchen für meine Villa zu finden und die Fabrik irgendwo unterzubringen. Warum nicht unter einer Düne, die ich dort entdeckte…?
Das ist meine Erfahrung: Ich darf nicht zu früh losfahren, sondern muss die Geschichte schon einigermaßen im Kopf haben, um zu wissen, wonach ich suche…
Die Fotos habe ich dann immer über meinem Schreibtisch hängen, um auch zu Hause noch in dieser Atmosphäre zu bleiben.

Leo: Übrigens finde ich die Geschichte, wieso die Reihe in Wales spielt, ganz zauberhaft. Ein lang gehegter Wunsch selbst mal nach Wales zu reisen, ging also hiermit für dich in Erfüllung. Ich bin gespannt, welche Länder du in Zukunft noch bereisen möchtest. Ist denn schon irgendetwas in Planung? Band 3 erscheint im Frühjahr und was kommt danach?

Steffi: Das weiß ich noch nicht genau. Der 3. Teil ist übrigens echt toll geworden, ich war beim Schreiben selber überrascht, wie gut es flutschte und welchen Spaß ich wieder mit allen Figuren hatte. Besonders mit… oh, ihr werdet euch wundern…
Ein viertes Buch darf ich für den Fischer Verlag noch schreiben, aber weil der dritte Teil der Wunderfabrik so ein geniales, abschließendes Ende hat, (meine bescheidene Meinung) wollen wir es zunächst mal dabei belassen und keinen 4. Teil dranhängen. Es sei denn, eine von meinen Leserinnen hat eine tolle Idee für eine Fortsetzung… dann heraus damit!
„Die Wunderfabrik“ war ja von Anfang an auf 3 Teile ausgelegt, aber ich finde, eine eigenständige Geschichte wäre jetzt ganz erfrischend, die dann eventuell noch ausgebaut werden kann.

Leo: Zum Abschluss des Interviews möchte ich mich natürlich recht herzlich bei dir bedanken, dass du ein Teil unserer ersten Leserunde warst. Toll, dass du uns mit Hintergrundinformationen „gefüttert“ und uns Einblicke ins private Fotoalbum gewährt hast. Ich freue mich nun sehr auf die zweite Leserunde.

Steffi: Danke, liebe Leo! Es hat mir viel Spaß gemacht und bin sehr gespannt, wie ihr Leserunden-Teilnehmerinnen den 2. Teil findet!

Interview mit Susa Reichmann

Die Autorin Susa Reichmann lebt in einer Gegend zwischen dem Bodensee und dem Schwarzwald, die mit ihren erloschenen Vulkanen, Burgruinen und Wäldern wie geschaffen ist für Fantasy-Abenteuer. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in ihren Büchern nicht nur menschliche Protagonisten wichtige Rollen spielen, sondern auch Tiere und die Natur ihren ganz eigenen Part bekommen. Außerdem zieht Susa die Grenzen des Genres „Urban Fantasy“ etwas weiter: Warum sollten fantastische Abenteuer ausschließlich in großen Städten stattfinden, wo es doch auf dem Land so viele mystische Orte gibt? Eben. Und deswegen beginnt für sie Fantasy direkt vor der eigenen Haustür.

(Foto: © Susa Reichmann)

Leo: Ich habe ein wenig im Vorfeld zu diesem Interview recherchiert und weiß nun einiges mehr von dir, aber vielleicht erzählst du mal, wie und wann du zum Schreiben kamst.

Susa: Prinzipiell habe ich eigentlich schon immer geschrieben, aber nie wirklich etwas veröffentlicht außer einzelnen Artikeln. Dann, das war 2015, sollte ich eigentlich einen Lehrauftrag übernehmen, der aber kurzfristig wegfiel. Ich war frustriert – ich hätte den Lehrauftrag wirklich gerne gehabt! – und hatte mit einem Mal überraschend viel Zeit. Also habe ich erst mal einen Schrank für unser Wohnzimmer gebaut. Und als ich auf dem Hof stand und das Holz abgeschliffen habe, um es zu streichen, dachte ich plötzlich: „Was wäre, wenn das Holz jetzt anfangen würde, sich zu bewegen? Oder vielleicht die Farbe doof fände, mit der ich es streichen will?“ Tja, daraus wurde dann „Woodtalker“.

Leo: Was war dein Lieblingsbuch in deiner Kindheit?

Susa: Oje. Ich habe als Kind so viel gelesen, es ist beinahe unmöglich, das zu sagen. „Pippi Langstrumpf“ war auf jeden Fall ganz vorn dabei, und „Bille und Zottel“. Später, so als Teenager, kam dann die großartige „Song of the Lioness“-Reihe von Tamora Pierce dazu, die ich zufällig mal auf einem Reiterhof in den Ferien entdeckt und seitdem bestimmt ein Dutzend Mal gelesen habe.

Leo: Welche Bücher gehören heute zu deinen Lieblingsbüchern? Was liest du gerne?

Susa: Leider habe ich heute nur noch sehr wenig Zeit zum Lesen. Deswegen bin ich ziemlich komplett umgestiegen auf Hörbücher, weil man die nebenbei hören kann, zum Beispiel beim Stallmisten oder beim Wäschefalten. Gerade habe ich die „Scythe“-Reihe von Neal Shusterman beendet, die fand ich ganz gut. Ich bin wenig festgelegt, was Genre etc. angeht, aber ich mag es gar nicht, wenn ich schon nach dem Klappentext weiß, wie die Story ausgeht. Stattdessen bin ich immer auf der Suche nach Geschichten, die ein bisschen „anders“ sind wie z.B. die „Drachentöterin“-Reihe von Jasper Fforde, die ist genial durchgeknallt. Oder „Good Omens“ von Terry Pratchett und Neil Gaiman (beste Fußnoten ever!). Ansonsten lese ich auch mal gerne Cecelia Ahern und immer noch und immer wieder Tamora Pierce.

Leo: Wie sieht dein Arbeitsplatz aus? Gibt es einen speziellen Arbeitsplatz? Wie arbeitest du am liebsten? Und wo schreibst du? Konzentrierte Ruhe und allein im Büro oder ein Spaziergang an einem belebten Ort? Es gibt Autoren, die lieber ihre Ruhe haben wollen und in einem Büro schreiben, andere wiederum schreiben sehr gerne in Cafés.

Susa: Tatsächlich habe ich gar keinen festen Arbeitsplatz zum Schreiben, sondern einen minikleinen Laptop, den ich mit mir herumschleppe und heraushole, wann immer sich die Gelegenheit bietet zu schreiben. Das kann zum Beispiel im Auto auf dem Parkplatz der Musikschule sein, während ich auf meine Kinder warte. Daheim gehe ich dorthin, wo gerade niemand sonst ist – das ist manchmal ziemlich schwierig, wir sind zu fünft und irgendwie kommt immer jemand rein (und wenn nicht, macht eine der Katzen Unfug!). Zum Schreiben muss ich allein sein, sonst funktioniert es nicht. Wo ich mich befinde, ist mir dagegen vollkommen egal.

Leo: Wie sieht so ein typischer Arbeitstag aus? Hast du überhaupt einen typischen Alltag? Du bist ja „nebenher“ auch noch Biologin und arbeitest an einer Hochschule, wie viel Zeit bleibt einem dabei, um an einem Buch zu schreiben?

Susa: Was soll ich sagen – wenig. Ich habe zwar nur eine 50%-Stelle, aber der Job ist ja nicht alles: Zuhause warten je drei Kinder, Ponys, Katzen und Meerschweinchen auf mich. Ein typischer Tag sieht für mich so aus, dass ich morgens als Erstes die Stallarbeit erledige, während mein Mann sich darum kümmert, dass die Kinder aufstehen, frühstücken und losgehen in die Schule (oder, im Moment, an den Schreibtisch). Ich arbeite normalerweise am Vormittag, abwechselnd vom Homeoffice und vor Ort an der Hochschule, und mittags sind dann erst mal die nächste Stallrunde, Haushaltskram und Hausaufgabenbetreuung angesagt. Wenn ich Glück habe und mit meiner Arbeit für den Tag schon durch bin, kann ich vielleicht irgendwann am späten Nachmittag ein bisschen Zeit zum Schreiben abknapsen, oder am Abend, wenn die Kinder im Bett und die Pferde für die Nacht versorgt sind. Falls ich dann noch fit genug bin. Was de facto bedeutet, dass ich meist nur am Wochenende wirklich Zeit habe, an meinen Manuskripten zu arbeiten. Allerdings soll das jetzt nicht heißen, dass ich total gestresst bin oder mich das nervt – im Gegenteil. Ich liebe mein trubeliges chaotisches Leben und seine immer wieder neuen Herausforderungen!

Leo: Was machst du, um Ideen zu sammeln? Wann kommen dir die besten Ideen? Gibt es Tage, an denen dir gar nichts einfällt? Tage, an denen du einfach ideenlos bist? Und vor allem, was machst du, wenn dir nichts einfällt?

Susa: Jetzt lachst du mich gleich aus: Meine besten Ideen habe ich – auf dem Misthaufen. Ich muss einmal pro Woche den Pferdemist auf einen Hänger schaufeln und zum Bauern fahren. Damit verbringe ich jeden Samstag ein paar Stunden, und es gibt nichts, wobei ich besser die Gedanken schweifen lassen und meine Ideen ausarbeiten kann. Man könnte also sagen, meine Geschichten sind im wahrsten Sinn des Wortes auf meinem Mist gewachsen.
Dass ich gar keine Ideen habe, kommt so gut wie nie vor, es ist eher umgekehrt: Ich habe viel zu wenig Zeit, um aus all den Ideen etwas zu machen. Manchmal kommt es allerdings vor, dass ich in einer Geschichte hängenbleibe. Dann ist es meistens so, dass ich meine Ideen im Vorfeld nicht gut genug durchdacht habe und dass irgendwo noch Lücken klaffen – ob bei den Charakteren, im Worldbuilding oder in der Storyline. In dem Fall hilft es mir, sehr gründlich über alles nachzudenken, im Kopf verschiedene Möglichkeiten durchzuspielen und auch mal ein Stück in der Geschichte zurückzugehen. Vielleicht ist nämlich schon weiter vorne genau der Fehler passiert, der den Fortgang jetzt weiter hinten blockiert. Wenn ich ihn finde und korrigiere, läuft’s wieder.

Leo: Wer darf deine neuen Texte und Werke als erstes lesen?

Susa: Ich habe mehrere Test- und Korrekturleserinnen. Einige davon schreiben selbst, sodass sie einen sehr präzisen Blick darauf haben, was gute Texte ausmacht, sowohl im Großen als auch in den Details. „Woodtalker“ haben zuallererst zwei Freundinnen von mir gelesen, die beide gelernte Schreinerinnen sind. Dafür bin ich sehr dankbar, denn ohne ihre Hilfe hätte ich eine Menge Fehler bei den Fachworten und handwerklichen Vorgehensweisen im Text gehabt. Und dann natürlich meine Kinder – das aktuelle Manuskript liegt gerade bei meiner Ältesten, und sie ist gnadenlos mit ihrer Kritik. 😉

Leo: Wie lange hast du insgesamt gebraucht bis zur Fertigstellung von Woodtalker?

Susa: 2015 habe ich die Rohfassung geschrieben, dann überarbeitet, testlesen und lektorieren lassen, wieder überarbeitet … Zweimal habe ich im Prinzip das ganze Buch von Grund auf neu geschrieben, weil die Änderungen so gravierend waren, dass ich nur wenig vom Ursprungstext beibehalten konnte. Die Suche nach einem Verlag hat auch eine ganze Weile gedauert, und als der Vertrag unterschrieben war, kamen natürlich noch Lektorat und Korrektorat. Erschienen ist das Buch dann im August 2019, etwas mehr als vier Jahre, nachdem ich angefangen hatte, es zu schreiben.

Leo: Während der letzten Monate mussten wir alle unser Leben umstellen. Was hast du die letzten vier Monate gemacht? Hat sich für dich viel verändert? Schreiben kann man ja auch trotz Corona.

Susa: Unsere Hochschule hat uns alle ziemlich früh ins Homeoffice geschickt, und wir mussten unsere komplette Lehre auf digital umstellen. Das war extrem aufwändig und hat unglaublich viel Zeit gekostet. Dazu kam, dass alle drei Kinder natürlich im Homeschooling waren und mein Mann wegen Corona eine Menge Überstunden machen musste. Fürs Schreiben blieb da kaum Zeit und vor allem keine Energie übrig, leider. Und auch meine Kreativität brauchte ich anderweitig, nämlich um meine Lehrveranstaltungen so zu gestalten, dass meine Studis hoffentlich genauso viel daraus mitnehmen konnten wie in einem normalen Semester. Hat sich also einiges verändert, ja – vor allem habe ich unfassbar viel Neues gelernt, von Videokonferenzen halten bis Vorlesungsvideos aufzeichnen und schneiden. Was anstrengend war, aber auch total viel Spaß gemacht hat, und ich werde sicher einiges davon weiterhin anwenden.

Leo: Hast du schon Lesungen gehalten? Wenn ja, wie war die erste Lesung für dich?

Susa: Nur einmal bisher, nämlich zur Erscheinung von „Woodtalker“ auf einer Messe, der FaRK. Es war komisch – ich bin zwar gewohnt, Vorlesungen zu halten, das ist mein Alltag und dabei bin ich völlig entspannt. Aber etwas vorzulesen, das man selbst geschrieben hat, fühlt sich komplett anders an als Leuten beizubringen, wie die Glycolyse funktioniert. Dementsprechend war ich extrem nervös. Trotzdem hat’s gut geklappt, zum Glück.

Leo: Welche Projekte planst du? Wie sieht die buchige Zukunft aus?

Susa: Im Augenblick arbeite ich an den letzten Kapiteln meines aktuellen Fantasy-Buches, für das ich demnächst auf Verlagssuche gehen will. Ich versuche mal einen Klappentext – darin bin ich miserabel, also nicht zu streng mit mir sein, bitte. 😉

Irgendwo im Schwarzwald, tief unter der Erde, liegt ein Uhrwerk, das der Zeit der Welten ihren Takt vorgibt. Nun droht es zu zerbrechen – und ausgerechnet Ambra soll es reparieren. Als hätte sie nicht schon genug Probleme seit dieser Party, nach der ihr Freund mit ihr Schluss gemacht hat! Aber wenn die Welt jeden Moment stehenbleiben kann, ist es höchste Zeit, wieder jemandem zu vertrauen … vielleicht sogar Jo, diesem sonderbaren Typ mit den grünen Haaren?

Woran ich nach diesem Projekt als Nächstes arbeiten werde, habe ich noch nicht entschieden – Woodtalker 2 vielleicht, oder beginne ich doch lieber mit der Kinderbuchreihe zu Tier- und Umweltthemen, die mir seit Längerem vorschwebt? Ein paar andere Ideen hätte ich auch noch … wie immer zu viele, um an allen arbeiten zu können!
Außerdem plane ich schon seit einer Weile, auf meiner Homepage einen Blog einzurichten: Seit November habe ich ein Wildpferd, eine in Freiheit aufgewachsene Exmoorstute namens Nessie, und ich würde gerne darüber schreiben, wie sie zu uns gekommen ist und welche Fortschritte sie macht.

Leo: Vielen Dank fürs Interview.

Susa: Ich hoffe, ich konnte dir ein paar interessante Einblicke geben. Es hat mir viel Spaß gemacht, deine Fragen zu beantworten! Jetzt wünsche ich dir einen tollen Sommer mit vielen wunderbaren Büchern für die Sommerferien!