Carolin Kebekus ist selbstbewusst, schlagfertig und wahnsinnig erfolgreich. Sie mag vielleicht polarisieren und ihre Witze sind nicht immer für Kinderohren geeignet, jedoch spricht sie gerade für uns Mädchen und junge Frauen äußerst wichtige Themen an. Daher war ich sehr erfreut, dass sie tatsächlich noch ein halbes Stündchen direkt vor ihrer Show „Pussy Nation“ am 07. November in Stuttgart Zeit für mich hatte. Aber lest selbst…
LEO: Carolin, du bist eine sehr vielseitige Künstlerin. Du bist Comedienne, Moderatorin, Schauspielerin, Sängerin, Synchronsprecherin und vieles mehr. Bei der Vielzahl an verschiedenen Tätigkeiten, gibt es da etwas, was du am liebsten machst?
CK: Also am liebsten eigentlich das hier. Auf der Bühne zu stehen. Das ist, finde ich, das Beste. Denn da steht man direkt vor den Leuten und man erhält auch sofort eine unmittelbare Reaktion.
LEO: Wie lange bereitest du dich auf deine Show vor? Lernst du alles auswendig?
CK: Ja, klar.
LEO: Oh Gott!
CK: Aber das ist ein langer Prozess. Man fängt ja an, kleine Nummern zu spielen. Dafür sammle ich dann immer Themen, die mich interessieren und dann schreibe ich dazu Nummern. Die sind teilweise fünf bis zehn Minuten lang und die probiere ich dann in kleinen Shows aus, in so Mix-Shows. Das sind dann solche Abende, an denen verschiedene Künstler auftreten. Dort mache ich dann meine fünf oder zehn Minuten Show und von diesen kleinen Nummern mache ich dann so viele, bis das ganze Programm fertig ist.
LEO: Warum sieht man dich eigentlich nicht so oft im Fernsehen?
CK: Weil ich nicht jeden Sch… mache. 😉 Naja, eigentlich bin ich bei der „heute-show“. Da kann ich aber nicht so viel sein, weil ich auf Tour bin. Dann habe ich noch meine eigene Sendung. Die ist aber nur achtmal im Jahr im Frühjahr. Und ansonsten gibt es eigentlich keinen Grund, noch mehr zu machen. Zeitlich geht das nämlich gar nicht, das würde ich nicht hinbekommen.
LEO: Bist du nach all den Shows noch nervös vor einem Auftritt oder ist alles schon in Routine übergegangen?
CK: Davor schon, da ist man auf jeden Fall voller Adrenalin und auf einem höheren Energielevel. Aber auf der Bühne bin ich nicht mehr aufgeregt. Da ist das dann weg.
LEO: Ja, das kenne ich. Ich spiele an meiner Schule auch Theater und das ist in dieser Hinsicht genauso wie bei dir.
CK: Vorher denkt man immer, ich muss ganz dringend auf Toilette und dann auf der Bühne ist das alles weg.
LEO: Gibt es Tage, an denen du schlecht gelaunt bist und am liebsten nicht aus dem Bett willst, aber musst?
CK: Ja, diese Tage gibt es oft. Da denke ich, ich könnte den ganzen Tag im Bett liegen bleiben, aber ich muss raus. Das ist aber in jedem Job so, also ist das auch nicht ungewöhnlich. Ich habe aber das Glück, dass ich in meinem Job relativ selten früh aufstehen muss.
LEO: Hast du einen Gute-Laune-Tipp für solche Tage?
CK: Also, ich bin zwar so, dass ich morgens total müde bin. Aber je schneller ich aufstehe, desto besser ist es. Deshalb bringe ich das schnell hinter mich. Ich stehe einfach schnell auf und dann ist die Zeit, in der ich schlecht gelaunt bin, eben ganz kurz.
LEO: Das erste, was ich zu Recherchezwecken vor einem Interview mache, ist, mal bei Wikipedia und Google zu schauen, was ich finden kann. Du polarisierst. Die einen lieben und feiern dich, die anderen können dich nicht abhaben. Wenn man bei Google „Kebekus“ eingibt, weißt du, was da als erstes kommt? Hast du dich schon mal selbst gegoogelt? Die erste Frage lautet „Wie alt ist die Kebekus?“ und dann „Ist Kebekus verheiratet?“. Ist das nicht deprimierend, wenn man so oft den Comedypreis gewinnt und die Leute sich nur für dein Privatleben und nicht für deine Leistung interessieren?
CK: Naja, ich glaube, da könnte echt Schlimmeres stehen. Das sind ja sowieso Sachen, über die ich nicht rede. Mein Alter z.B. 😉
LEO: Wie gehst du mit Leuten um, die dich beleidigen? Im Internet auf den Social-Media-Kanälen oder gar auf der Straße? Wirst du in der Öffentlichkeit angepöbelt und beschimpft?
CK: Also im Internet werde ich ganz schlimm beschimpft, aber das würden sich die Leute im wahren Leben NIEMALS trauen. Und ich habe keine Zeit, die Sachen zu beantworten. Manchmal leite ich was weiter oder so und dann reagieren manchmal andere Leute für mich auf das, was da geschrieben wird. Aber ich mache da eigentlich gar nichts. Wenn man gar nichts macht, dann regt das die Leute meistens auch am meisten auf. Ich habe meine Meinung ja schon gesagt, bei der Sache, worüber die sich aufregen. Also in dem Artikel oder in der Nummer. Da regen sich die ganzen Leute dann auf, aber das, was ich dazu zu sagen habe, habe ich in dem Moment dann bereits gesagt. Und dass die das jetzt blöd finden, das ändert ja nichts an meiner Meinung.
LEO: Ich habe neulich ein Interview mit Christian Ulmen gelesen. Er erzählte, dass sein absoluter Horror wäre, in einer ruhigen Schlange beim Bäcker anzustehen und etwas weiter vorne ruft einer: „Ey, krass, da steht der Ulmen“, worauf sich dann alle umdrehen. Getoppt wird das durch die Frage des Hintermannes: „Entschuldigen Sie, wieso ruft der so? Muss man Sie kennen?“ Geht es dir auch so?
CK: Ja, das ist ganz oft so. Das Blöde ist, dass man dann im Mittelpunkt steht und das Allerschlimmste ist es dann aber, wenn sich die Leute nicht sicher sind. Dann wird man selber gefragt, woher man denn bekannt ist. Das läuft dann meistens so ab: „Also, ich kenne sie, aber ich weiß gerade nicht woher!“ Und dann muss man selber, obwohl man es eigentlich gar nicht will, aufzählen, wer man ist und was man alles gemacht hat. Das ist echt sehr unangenehm.
LEO: Vor allem in deiner Heimatstadt Köln kennt dich wirklich jeder. Da kannst du ja nicht mal mehr vor die Haustür treten, ohne dass dich jemand erkennt. Verkleidest du dich dann oder ist dir das egal, wenn dich ständig jemand anquatscht?
CK: Nein, ich verkleide mich nicht. Ich gehe einfach raus. Ich gehe aber nicht unbedingt über Straßen, bei denen ich weiß, dass da viele Leute sein werden, die mich auf jeden Fall erkennen oder wo sehr viele Betrunkene sind. Denn die sprechen mich sehr gerne an. Das ist aber komplett sinnlos, weil die nur meinen Namen brüllen und ich dann nicht weiß, was ich machen soll. Aber ansonsten kann ich eigentlich ganz normal über die Straße gehen. Ich denke, bei mir in der Straße, da wo ich wohne, geht es vielleicht vielen Leuten so „Guck‘ mal, da ist ja die!“. Aber beim zweiten Mal, wenn ich vorbeilaufe, ist es dann so „Ja, klar. Die wohnt ja auch hier!“
LEO: Warst du als Kind auch schon lustig und der typische Klassenclown in der Schule oder auf Familienfesten?
CK: Ich habe schon immer gerne Witze erzählt. Als ich klein war auch in der Schule, aber in der Pubertät bin ich in der Schule dann ganz schüchtern gewesen und später erst wieder laut. Als Kind habe ich wahnsinnig gerne Witze erzählt und Dinge vorgespielt. Immer, wenn ich Witze erzählt habe und wenn dann aber niemand gelacht hat, weil ich es zum Beispiel nicht gut erzählt habe, dann habe ich die Geschichte einfach noch weitererzählt, so als wäre das noch nicht die Pointe. Dann habe ich immer gesagt: „Anschließend ist das Häschen weitergelaufen und ist immer weiter und hat an einem Bauernhof geklingelt!“ Das konnten auch 2-Stunden-Witze sein. Die anderen haben immer ganz höflich zugehört, aber das hat nicht so gut funktioniert. Ich musste eben noch üben.
LEO: Und was passiert, wenn bei deinen Shows niemand lacht und der Witz nicht so gut ankommt, wie du dachtest?
CK: Das gibt’s Gott sei Dank nicht mehr! Das war früher mal, als ich geübt habe. Aber das passiert jetzt nicht mehr. Das wäre echt furchtbar.
LEO: Stell dir vor, du wärst noch einmal 18 oder 19 Jahre alt. Was würdest du nach dem Abi tun? Würdest du etwas anders machen wollen?
CK: Ich würde alles genauso machen. Denn ich glaube, dass das der Weg war, den ich machen musste, um hierhin zu kommen. Ich würde nichts anders machen.
LEO: Wolltest du auch schon vor deinem Praktikum bei den „RTL Freitag Nacht News“ schon Comedian werden oder ist das eher dadurch entstanden?
CK: Ich glaube, das war nie so ein konkreter Berufswunsch von mir, weil mir nicht richtig klar war, dass das ein Beruf ist. Ich fand es lustig, aber ich habe das nie als einen Beruf gesehen, den man wirklich ausüben kann und auch Geld damit verdienen kann und dass es irgendwann ganz viele Leute gibt, die davon leben können. Das alles habe ich damals eben noch nicht gewusst, vor allem nicht, dass es irgendwann so weit gehen kann. Ich habe das alles einfach gemacht und auch Theater gespielt, alles mit so einem „Naja, ich mach‘ irgendwann schon noch etwas Richtiges!“. Und irgendwann wurde das eben etwas Richtiges.
LEO: Und wo wärst du jetzt, wenn du das Praktikum nicht gemacht hättest?
CK: Ich glaube, es wäre trotzdem dazu gekommen, dass ich heute auf der Bühne stehe. Ich hätte wahrscheinlich irgendeinen anderen Weg genommen.
LEO: Was für einen anderen Weg?
CK: Ich hätte irgendein anderes Praktikum gemacht. (lacht) Oder ein Jahr später dasselbe Praktikum. Aber ich glaube nicht, dass mein Weg ein anderer gewesen wäre. Das kann ich mir nicht vorstellen, dass ich z.B. plötzlich Ärztin geworden wäre.
LEO: Denkst du, dass du ein gutes Vorbild bist?
CK: Über sich selbst etwas zu sagen, ist jetzt bestimmt ein bisschen komisch, aber ich höre das immer wieder von Leuten. Vor allem von jungen Frauen – und das ist natürlich gut. Denn ich versuche, zumindest nicht nur leere Worte zu verpacken, sondern auch etwas mitzugeben, wenn ich auf der Bühne stehe.
LEO: Was kannst du Mädchen oder jungen Frauen für ihren Lebensweg raten?
CK: Sie müssen sich nicht kleiner machen, als sie sind, dass nicht jeder sie mögen muss und dass man sich für ganz viele Sachen nicht entschuldigen muss. Wenn man Ambitionen hat, Sachen erreichen will, gut werden will, bei einer Zeitung arbeiten will, dann muss man nicht so tun, als würde man es nicht wollen oder „Ich mache das doch nur zum Spaß“, sondern das ist ein Beruf und dann sollte man diesen Weg auch gehen. Und ich finde, dass sich Frauen mehr untereinander unterstützen sollten.
LEO: Ich selbst bin ja Kinderreporterin, die gerne über das Leben und den Alltag schreibt. Aber ich spiele auch gerne Theater und kann mir ein Leben auf der Bühne gut vorstellen. Was kann ich als Schülerin tun, um mich auf eine Laufbahn in den Medien vorzubereiten?
CK: Ich glaube, man darf gar nicht zu sehr an irgendeine Branche denken, sondern eher überlegen, was für ein Künstler man sein will. Das muss man sich überlegen. Aber das kommt auch mit der Zeit, denn, wenn man seinen Weg gefunden hat, sollte man so viel und so oft es geht, auf der Bühne stehen.
LEO: Übers Schreiben und Lesen bin ich mittlerweile Bloggerin für Kinder- und Jugendbücher geworden. Da interessiert es mich natürlich, ob du auch gerne liest. Hattest du ein Lieblingsbuch in der Kindheit?
CK: Ich habe immer schon gerne gelesen. Mein Lieblingsbuch in meiner Kindheit war „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpusch“. Kennst du das?
LEO: Ja, das kenne ich. Das habe ich beim Vorlesewettbewerb vorgelesen.
CK: Echt? Das habe ich auch beim Vorlesewettbewerb gelesen. Super. Kennst du auch die Hörbücher davon?
LEO: Nein.
CK: Die musst du dir unbedingt mal anhören. Die sind echt super!
LEO: Wie kam es dazu, dass du ein Buch geschrieben hast? War das deine Idee?
CK: Ich habe ja nicht unbedingt ein Buch geschrieben. Das ist einfach mein erstes Programm, das ich auf der Bühne gemacht habe. Nur eben in gekürzter Form und aufgeteilt in einige Kurzgeschichten. Ich finde, dass „ein Buch geschrieben“ so klingt, als ob man eine Geschichte erfunden hat. Das finde ich jetzt ein bisschen zu viel. Es ist einfach nur mein erstes Programm gewesen.
LEO: Wenn du eine Heldin mit Superkräften wärst, welche Superkraft wäre dies und was würdest du dann als erstes tun?
CK: Wenn ich eine Superkraft hätte und etwas Gutes für die Menschheit tun sollte, dann würde ich irgendetwas in den Köpfen der Leute umprogrammieren, damit sich alle mehr ums Klima kümmern, damit die Welt nicht zugrunde geht. Wenn ich aber eine Fähigkeit haben könnte, die nur für mich cool wäre, dann fände ich es total super, wenn ich immer, wenn ich in einem Land bin oder jemandem begegne, dass ich die Person oder allgemein die Menschen verstehen und ihre Sprache sprechen kann. D.h., selbst wenn ich in Brasilien im tiefsten Dschungel irgendein Naturvolk treffen würde, dass ich die Menschen verstehen könnte. Das wäre doch Wahnsinn, oder? Du fährst nach Amerika, du fährst nach Frankreich, Italien und so weiter und du kannst immer die Sprache verstehen.
LEO: Das wäre wirklich cool! Dann müsste ich auf meine Latein- und Englisch-Klassenarbeiten auch nicht mehr lernen.
CK: Richtig.
LEO: Welcher Ratschlag deiner Mutter hat dir im Leben am meisten geholfen?
CK: Von meiner Mutter wüsste ich jetzt keine Ratschläge, aber meine Oma hat immer gesagt, als sie älter wurde, dass sie merkt, dass sie alt wird. Da habe ich sie gefragt, woran sie das denn merkt. Und da hat sie gesagt: „Mir ist irgendwie alles egal“. Ich glaube, dass das bedeutet, dass man Sachen nicht so schwer nehmen soll. Das finde ich gut.
LEO: Ist es eigentlich anstrengend, immer witzig sein zu müssen? Ist der Job als Comedian harte Arbeit?
CK: Naja, ich muss das ja nur beruflich machen. Privat kann ich auch richtig traurig sein. Spaß, ich bin einfach so. Ich glaube, ich mag das und deshalb ist das auch gar nicht anstrengend für mich.
LEO: Wie ist das so bei Familienfesten, wenn man 2 Comedians in der Familie hat, muss man dann immer irgendwelche Witze und Parodien auf Lager haben? Oder darf man da einfach mal nur die Carolin und der David sein?
CK: Ja, das können wir sein. Aber wenn sich jemand aus der Familie dumm benimmt oder etwas Lustiges passiert, dann sind mein Bruder und ich so, dass wir schnell sagen „Ich mach das auf der Bühne!“ oder „Ich erzähl das!“.
LEO: Also eher eine Art Wettstreit?
CK: Ja.
LEO: Ist dir bei einem deiner Auftritte schon mal was richtig Peinliches passiert?
CK: Ja. Ich habe schon mal einen falschen Stadtnamen gesagt. Obwohl ich in Karlsruhe war, habe ich Krefeld gesagt. Das war echt furchtbar. Dann hatte ich mal bei einer Show – da waren nicht so viele Leute da – einen Ständer gehabt. Da musste man draufdrücken und dann konnte man das Mikro verschieben. Das war aber ein bisschen fester. Dann habe ich den Ständer runtergemacht. Der ging schnell runter und da habe ich mir ein bisschen an der Hand wehgetan, ich habe aber nicht weiter darauf geachtet, weil ich dann ja gespielt habe. Etwas später habe ich dann eine Nummer gehabt, da habe ich mir im Gesicht rumgemanscht. Da habe ich eine Massage nachgemacht. Die Leute haben aber nicht so richtig gelacht, sondern haben mich so richtig komisch angeguckt. Ich hatte vorhin ja nicht gemerkt, dass ich mich da an der Hand verletzt hatte, dabei habe ich richtig geblutet. Alles war voller Blut und dann hatte ich mir das wohl ins Gesicht geschmiert und meine ganzen Klamotten waren voll und dann musste ich von der Bühne runtergehen. Ich sah wirklich aus, als hätte ich jemanden gegessen. Das ist mir letztens auf der Bühne aber auch nochmal passiert. Da haben wir in einer großen Halle gespielt. Ohne Leinwand. Dann habe ich mir das Mikro aber so gegen die Lippe gehauen und gemerkt, dass meine Lippe blutet. Dann musste ich das so abschlecken. Ich glaube, das war in München. Aber das war alles so richtig peinlich. Aber mir ist noch nie die Hose geplatzt oder so. Das ist mir zum Glück noch nie passiert.
Und wer ihre Show im November verpasst hat, braucht nicht traurig sein, denn Carolin Kebekus kommt wieder. Am 29. Februar 2020 ist Carolin Kebekus wieder in Stuttgart – und Karten gibt es auch noch.