{Rezension} The Return of Ellie Black

The Return of Ellie Black
von Emiko Jean
übersetzt von Anne Fröhlich

Goldmann Verlag
Paperback
352 Seiten
ISBN: 978-3-442-4959–6
Ersterscheinung: 20.08.2025

„Ich wünschte, es würde etwas anderes bedeuten, eine Frau zu sein. Aber für uns lautet die Frage nicht, ob uns etwas Schlimmes passiert, sondern nur, wann.“

Inhalt:
Die 17-jährige Ellie verschwindet spurlos auf dem Heimweg von einer Party. Zwei Jahre später taucht sie plötzlich wieder auf – verstört, schweigsam und mit Narben, die weit über das Sichtbare hinausgehen. Detective Chelsey Calhoun übernimmt den Fall, der sie nicht nur beruflich, sondern auch persönlich berührt: Auch ihre Schwester verschwand einst im Teenageralter. Während Chelsey versucht, das Schweigen von Ellie zu durchdringen, stoßen Vergangenheit und Gegenwart aufeinander – und mit ihnen Abgründe, die kaum zu ertragen sind.

Meinung:
Als ich erfahren habe, dass Emiko Jean, deren „Tokyo Ever After“-Reihe ich gelesen und als charmant, jugendlich und leicht empfunden habe, nun einen Thriller geschrieben hat, bin ich instinktiv davon ausgegangen, dass sich dieser Thriller um einen Jugendthriller handeln muss. Die Protagonistin ist schließlich 17 Jahre alt, das Setting rund um eine Highschool-Party wirkt vertraut – und dann kam der Schock. Die Gewalt, die Brutalität, die düsteren Themen: Das ist ganz klar kein Jugendbuch, sondern ein Thriller für Erwachsene. Dass es keine Altersempfehlung gibt, hat mich zunächst irritiert, rückblickend lässt sich daraus wohl ein „ab 18 Jahren“ ableiten. Der Einstieg war für mich entsprechend holprig. Besonders der Schreibstil hat mich überrascht – leider nicht positiv. Wo „Tokyo Ever After“ leichtfüßig und eingängig war, wirkte „The Return of Ellie Black“ sprachlich streckenweise unfertig und verwirrend. Viele Sätze ergaben schlicht keinen Sinn, es gab seltsame Formulierungen, Logikfehler, teils fehlerhafte Namen („Sergeant Abbotts“ statt „Abbott“), und besonders irritierend war für mich die Therapieszene, in der plötzlich der Name der Polizistin auftauchte, obwohl eigentlich die Therapeutin sprach. Ich dachte zunächst, ich hätte etwas überlesen, aber nein – es war ein Fehler in der Übersetzung. Und das war leider kein Einzelfall. Solche Schlampigkeiten reißen mich komplett aus der Atmosphäre und mindern das Lesevergnügen spürbar. Hinzu kam etwas, das ich so nicht erwartet hätte: „The Return of Ellie Black“ hat mich inhaltlich stark an Bücher erinnert, die ich bereits gelesen habe – zu stark. Ich bin ein großer Fan von Holly Jackson und ihrer „A Good Girl’s Guide to Murder“-Reihe. Besonders „The Reappearance of Rachel Price“ kam mir beim Lesen immer wieder in den Sinn. Die Struktur – vermisstes Mädchen kehrt nach Jahren zurück, Ermittlungen mit persönlichem Bezug, verschachtelte Enthüllungen, Rückblenden in Tagebuchform – all das hat mich mehrfach denken lassen: „Das kenne ich doch.“ Natürlich dürfen sich Themen überschneiden, aber in diesem Fall wirkten die Parallelen fast schon unangenehm offensichtlich. Dazu kam, dass „The Return of Ellie Black“ in meinen Augen weniger clever konstruiert ist als Holly Jacksons Werke. Die Geschichte selbst, besonders die Szenen aus Ellies Sicht, hatte definitiv emotionale Wucht. Die Darstellung ihres Traumas war stellenweise bedrückend, und man merkt, dass Emiko Jean die Innenwelten junger Frauen authentisch beschreiben kann. Aber das ändert nichts daran, dass das Erzähltempo teilweise schleppend war, der Spannungsbogen holprig verlief und das Finale zu überladen wirkte. Warum etwa das rote Bandana bei einem der Täter – aber nicht beim anderen? Sollte es ein Symbol sein oder einfach ein Stilmittel? Oder hatte es schlicht keine Bedeutung? Solche Ungereimtheiten, auch im Motiv des Täters, ließen mich am Ende eher enttäuscht zurück. Unterm Strich wirkte das Buch auf mich, als wollte es sehr viel gleichzeitig sein: psychologisches Porträt, emotionaler Roman, düsterer Thriller mit gesellschaftskritischen Tönen. Vieles davon ist gut gemeint, aber nicht alles ist gut gelungen.

Fazit:
„The Return of Ellie Black“ von Emiko Jean ist ein Thriller, der mit einer düsteren, intensiven Prämisse startet und eine spannende Grundidee verfolgt. Leider wird diese durch einen sprachlich holprigen Stil, Übersetzungsfehler und ein überinszeniertes Finale getrübt. Wer Emiko Jean aus dem Jugendbuchbereich kennt, wird überrascht sein – nicht nur vom Genre, sondern auch vom deutlich erwachseneren und härteren Ton. Trotz allem gelingt es dem Buch, emotionale Tiefe und verstörende Spannung zu transportieren. Von mr gibt es 3,5 von 5 Sternchen.