{Rezension} Lighthouse Bookshop

Lighthouse Bookshop
von Sharon Gosling

‎DuMont Buchverlag
Taschenbuch
448 Seiten
ISBN: 978-3-8321-6666-3
Ersterscheinung: 19.06.2023

Alte Bücher, neue Anfänge

Inhalt:
In einem abgelegenen Dorf im schottischen Hochland steht ein ungewöhnlicher Leuchtturm – weit entfernt vom Meer, dafür mit einer kleinen, liebevoll geführten Buchhandlung im Inneren. Hier lebt Rachel, die vor fünf Jahren auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit einen Neuanfang wagte. Ihr Alltag ist geprägt von Büchern, Tee, schrulligen Stammgästen – und der tiefen Verbundenheit zu dieser besonderen Gemeinschaft. Als der ehemalige Kriegsreporter Toby und die jugendliche Ausreißerin Gilly unerwartet in ihrem Leben auftauchen, beginnt sich vieles zu verändern. Alte Geheimnisse, neue Freundschaften und die Frage, was Familie eigentlich bedeutet, rücken in den Mittelpunkt, während der drohende Verlust des Leuchtturms alles ins Wanken bringt.

Meinung:
Dieses Buch war für mich eine kleine literarische Auszeit – warm, atmosphärisch und überraschend vielschichtig. Was wie ein klassischer Wohlfühlroman beginnt, entfaltet nach und nach eine Tiefe, mit der ich so nicht gerechnet hatte. Besonders beeindruckt hat mich, wie Sharon Gosling ihre Figuren zeichnet: Sie sind keine glattgebügelten Idealbilder, sondern tragen Narben – innere wie äußere – und genau das macht sie so greifbar. Rachel habe ich sofort ins Herz geschlossen. Ihre Zurückhaltung, ihre Unsicherheit, aber auch ihre stille Stärke wirken absolut authentisch. Sie ist keine Heldin im klassischen Sinne, sondern eine Frau, die nach Jahren endlich irgendwo Wurzeln schlagen will – und dabei ständig mit der Angst lebt, dass alles wieder zerbrechen könnte. Gilly hingegen ist das komplette Gegenteil: laut, schroff, misstrauisch – und gleichzeitig zerbrechlich und auf der Suche nach einem Platz, an dem sie einfach nur sein darf. Zwischen den Zeilen merkt man, wie viel Herzblut in ihrer Geschichte steckt, und ihre Entwicklung war für mich einer der berührendsten Teile des Buches. Auch Toby, der durch den Krieg gezeichnete Journalist, bringt eine stille Tragik mit, die nicht pathetisch, sondern realistisch wirkt. Die Dynamik zwischen ihm und Rachel entwickelt sich langsam und glaubwürdig – keine aufgesetzte Romanze, sondern etwas Zartes, das sich vorsichtig entfaltet. Was mich besonders begeistert hat, ist das Setting. Ein Leuchtturm mitten im Landesinneren – schon das ist ein literarischer Kniff, der sofort neugierig macht. Und der Ort selbst – Newton Dunbar – wirkt so lebendig beschrieben, dass man beim Lesen förmlich den Geruch von alten Büchern, den Geschmack von Shortbread und das Rattern des Regens gegen die dicken Mauern spüren kann. Die Nebenfiguren – ob Edie, die eigenwillige Künstlerin, oder Ezra, der grummelige Ex-Bohrinselarbeiter – sind herrlich schrullig und gleichzeitig tiefgründig. Ihre Streitgespräche sorgen für Humor, ohne ins Alberne abzurutschen. Und auch wenn manche Figuren recht deutlich in „gut“ und „böse“ unterteilt sind (vor allem die Immobilieninvestorin Dora), hat mich das hier nicht gestört. Es passt zur fast märchenhaften Atmosphäre des Romans. Natürlich trägt die Geschichte auch einige Wohlfühlzutaten, die sehr bewusst eingesetzt werden: Gemeinschaft, Vertrauen, zweite Chancen. Aber statt kitschig zu wirken, fühlt sich alles stimmig an – manchmal vielleicht ein Hauch zu rosarot, aber genau das braucht es eben manchmal.

Fazit:
Mit „Lighthouse Bookshop” ist Sharon Gosling ein herzerwärmender, leiser und zugleich bewegender Roman gelungen, der durch seine einzigartigen Figuren, sein besonderes Setting und das feine Gespür für Zwischentöne überzeugt. Wer Geschichten über Neuanfänge, Gemeinschaft und das Heilen alter Wunden liebt, wird sich in Newton Dunbar sofort zuhause fühlen. Ein echtes Wohlfühlbuch mit Seele. Von mir gibt es sehr gute 4,5 von 5 Sternchen.

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